Bundesverfassungsgericht kippt Besoldungsregelung. Hamburgs Uni-Chef: Gehälter müssen erheblich erhöht werden

Karlsruhe/Hamburg. Viele deutsche Professoren haben ein Anrecht auf höhere Gehälter. Das geht aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hervor. Geklagt hatte ein Chemieprofessor aus Marburg, der sich nach der bundesweiten Besoldungsneuregelung 2005 zu schlecht bezahlt fühlte. Gestern gaben ihm die Richter recht. Sein Einstiegsgehalt von 3890 Euro sei "evident unzureichend" und verfassungswidrig niedrig, weil es dem Hochschullehrer keinen angemessenen Lebensstandard ermögliche. Das Land Hessen wurde aufgefordert, bis Jahresende die Besoldung neu zu regeln.

Der Karlsruher Entscheidung, die sich auf die seit sechs Jahren geltenden neuen Besoldungsgruppen W1, W2 und W3 bezieht, wird bundesweiter Signalcharakter beigemessen. Neben Berlin und Nordrhein-Westfalen kündigte gestern auch Hamburg eine Prüfung der Vergütung an. Hamburgs Uni-Präsident Dieter Lenzen lobte das Urteil: "Es ist der längst überfällige Ausdruck einer wiedergewonnenen Wertschätzung für Hochschullehrer." Nun müsse auch die Besoldung in Hamburg reformiert werden - nötig sei eine erhebliche Erhöhung der Grundgehälter. Schließlich hätten Professoren einen langen Qualifikationsweg hinter sich. Lenzen: "Mit dem Urteil ist der politische und juristische Handlungsdruck nun gegeben."

Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hielt sich bedeckt: "Die Behörde prüft die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, um beurteilen zu können, ob und welche Schlussfolgerungen für Hamburg daraus zu ziehen sind." Hartmut Schmidt, Landesvorsitzender des Deutschen Hochschulverbandes, ist sich dagegen sicher, dass es eine Anpassung geben muss. Er bewertete das Urteil schon jetzt als "großen Erfolg, auch für Hamburg". Der Hochschulverband hatte die Klage des hessischen Chemieprofessors in Karlsruhe unterstützt.

Hintergrund ist, dass seit 2005 neu eingestellte Professoren nach Besoldungsgruppen bezahlt werden, die teilweise unter den alten Vergütungen liegen. Sie setzen sich aus einem altersunabhängigen Grundgehalt sowie individuell verhandelbaren Zulagen zusammen. Allein an der Hamburger Universität erhalten derzeit 82 Professoren das Grundgehalt W2 (4400 Euro), 156 werden nach dem höchsten geltenden Satz W3 (5317 Euro) bezahlt. Juniorprofessoren (W1) erhalten 3869 Euro. Weil die Gehälter von Hochschullehrern Ländersache sind, variieren sie von Bundesland zu Bundesland. Baden-Württemberg etwa zahlt im Vergleich am meisten (W3: 5529 Euro), Berlin am wenigsten (W3: 4890 Euro). Hamburg liegt bei der angemahnten W2-Besoldung im Bundesvergleich auf Rang 4.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) forderte die Länder auf, das Urteil rasch umzusetzen und junge Hochschullehrer besser zu bezahlen. Die Zahl der Studierenden und der Bedarf an Lehrpersonal steige. "Deshalb ist es so wichtig, dass gerade junge Professoren besser bezahlt werden als heute", sagte Schavan der "Passauer Neuen Presse". Andernfalls bestehe die Gefahr, "dass sich nicht genügend Nachwuchswissenschaftler für den Hochschullehrerberuf entscheiden".