Die Kanzlerin lehnt es ab, den Euro-Rettungsschirm wie gefordert massiv aufzustocken. Deutschland dürfe nicht überlastet werden, sagte die Regierungschefin zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos. Es mache keinen Sinn, eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Euro-Hilfen zu fordern. “Ich frage mich immer: Wie lange ist das glaubwürdig?“
Davos. Der britische Premierminister David Cameron hat für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA plädiert. Ein solches Abkommen könne dem Welthandel den dringend benötigten Impuls geben, argumentierte er laut der Vorabveröffentlichung einer für den Donnerstagabend vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos geplanten Rede. Er schloss sich damit Bundeskanzlerin Angela Merkel an. Am Donnerstag kündigte Microsoft-Gründer Bill Gates in Davos an, 750 Millionen Dollar (580 Millionen Euro) zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria zu spenden. Cameron wollte seine versammelten Kollegen vor dem Forum aus rund 2.600 Spitzenvertretern aus Politik und Wirtschaft auffordern, die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit Indien, Kanada und Singapur „bis zum Ende des Jahres“ zur Unterschriftsreife zu bringen. Die ins Stocken geratene Doha-Runde über einen weltweiten Freihandel gilt angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise als zu träge.
Gates begründete seine Spende mit den Worten: „Es sind harte wirtschaftliche Zeiten, aber das ist keine Entschuldigung dafür, die Hilfe für die Ärmsten der Welt zu kürzen“. Er wolle andere Menschen ermutigen, ebenfalls zu spenden. Das Geld geht an den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Er gilt als Hauptfinanzierungsquelle für den Kampf gegen diese Krankheiten, allerdings sind auch Betrugsvorwürfe gegen den Fonds laut geworden. Mehrere Geberländer, darunter Deutschland, hatten deshalb ihre Zahlungen vorübergehend eingestellt. Merkel hatte am Vortag das Weltwirtschaftsforum mit einer Absage an Forderungen nach einer Aufstockung des Euro-Rettungsfonds und einem „Ja“ auf ihre selbst gestellte Frage eröffnet: „Sind wir bereit, mehr Europa zu wagen?“ In ihrer Rede lehnte sie eine weitere Aufstockung des Euro-Rettungsfonds ab. Dadurch würde eine Spirale in Gang gesetzt, in der nach immer weiteren Erhöhungen gefragt würde, sagte sie.
Derweil lehnt es die Kanzlerin ab, den Euro-Rettungsschirm wie gefordert massiv aufzustocken . Deutschland dürfe nicht überlastet werden, sagte die Regierungschefin zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos. Es mache keinen Sinn, eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Euro-Hilfen zu fordern. "Ich frage mich immer: Wie lange ist das glaubwürdig?" Deutschland sei als Europas führende Volkswirtschaft zwar relativ groß und stark. Es dürften aber keine Zusagen gemacht werden, die am Ende nicht eingehalten werden könnten. "Denn wenn Deutschland stellvertretend für alle europäischen Länder etwas verspricht, was bei harter Attacke der Märkte dann nicht einlösbar ist, dann hat Europa eine ganz offene Flanke", sagte Merkel.
+++ Appelle an und Attacken auf Deutschland +++
Die Kanzlerin wies auch Kritik von EU-Partnern und aus den USA zurück, Deutschland müsse mehr zum Abbau der wirtschaftlichen Ungleichgewichte beitragen. Es dürfe bei der Wettbewerbsfähigkeit keine Gleichmacherei ohne Ambitionen geben. Man sollte dem Besten in Europa nacheifern. Enttäuscht zeigte sich Merkel, dass die Weltgemeinschaft zu wenige Lehren aus der Finanzkrise gezogen habe. Eine weltweite Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Beteiligung der Banken an den Krisenkosten wäre "ein starkes politisches Signal" an alle Bürger gewesen. Dazu aber sei es leider nicht gekommen. Wenige Tage vor dem EU-Gipfel wird der britische Premierminister David Cameron heute ebenfalls auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos erwartet. Großbritannien hatte sich als einziges EU-Land gegen einen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin ausgesprochen und seinen euroskeptischen Kurs verschärft. Cameron macht sich auch dafür stark, die Befugnisse des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu beschränken.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich am Vortag in Davos vehement gegen eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms ausgesprochen. Sie warnte vor einer Überlastung Deutschlands. Europas führende Volkswirtschaft sei zwar relativ groß und stark. Es dürften aber keine Verpflichtungen eingegangen werden, die am Ende nicht zu halten seien. „Wenn Deutschland stellvertretend für alle europäischen Länder etwas verspricht, was bei harter Attacke der Märkte dann auch nicht einlösbar ist, dann hat Europa eine ganz offene Flanke“, betonte die Kanzlerin. Merkel pocht auf einen ehrgeizigen Fiskalpakt der 17 Euro-Länder und weiterer EU-Staaten. „Wenn man sich hundertmal Schuldenabbau und solides Haushalten versprochen hat, dann muss das in Zukunft auch durchgesetzt oder eingeklagt werden können“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag) und mehreren europäischen Zeitungen.
Der Pakt soll bei dem Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Montag (30.1.) in Brüssel gebilligt werden, die Unterschrift ist dann für März geplant. Der vor allem von Deutschland gewünschte Vertrag enthält rechtlich verbindliche Regeln zum Defizitabbau und zur Verankerung von nationalen Schuldenbremsen. Großbritannien sperrt sich bislang gegen rechtliche Vorgaben und will definitiv nicht bei dem Sparpakt mitziehen. Unklar ist weiterhin, ob es bis zum Gipfel eine Einigung mit den privaten Gläubigern beim geplanten Schuldenschnitt für Griechenland geben wird. Banken, Versicherungen und Hedge-Fonds sollen im Gegensatz zu öffentlichen Gläubigern freiwillig auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) dementierte Berichte, wonach er eine Beteiligung der Europäischen Zentralbank (EZB) an dem Schuldenschnitt fordere. Die Notenbank sei nicht gebeten worden, „eine spezifische Rolle“ dabei zu spielen, die griechischen Schulden zu verringern, teilte der IWF in Washington mit. Die Notenbank ist Schätzungen zufolge der größte Einzel-Gläubiger Griechenlands, soll bei dem Schuldenschnitt aber außen vor bleiben.