Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke weist dem Augsburger Bischof Walter Mixa eine Mitschuld am massiven Glaubwürdigkeitsverlust der katholischen Kirche zu.
Hamburger Abendblatt:
Bischof Mixa hat dem Vatikan seinen Rücktritt angeboten. Überrascht Sie das?
Hans-Jochen Jaschke:
Ich habe damit gerechnet. Bischof Mixa war in eine Situation geraten, aus der es nur diesen einen Ausweg gab. Für die Kirche ist seine Entscheidung ein Befreiungsschlag.
Trotzdem lagen noch fünf Tage zwischen Mixas Eingeständnis, "Watsch'n" verteilt zu haben und seinem Brief an Rom. Hätte man einem Bischof, der sich selbst der Lüge überführt hat, nicht umgehend sagen müssen: "Deine Zeit ist abgelaufen?"
Ich nehme Walter Mixa ab, dass er nicht lügen wollte. In der öffentlichen Wahrnehmung war es eine Unehrlichkeit.
Die katholische Kirche befindet sich in einer schweren Krise ...
Die katholische Kirche leidet unter einem massiven Glaubwürdigkeitsverlust, und Mixa hat durch sein falsches Verhalten in den vergangenen Wochen dazu beigetragen.
Könnte diese Krise so weit reichen, dass der Zölibat kippt?
Die katholische Kirche muss sich damit befassen, dass der Zölibat von Menschen mit einer krankhaften Sexualität als eine Ausflucht gewählt wird. Darauf müssen wir klarer schauen, darüber müssen wir offener reden, da müssen wir mehr Transparenz herstellen. Der Zölibat darf kein Sammelbecken für sexuell nicht integrierte Menschen sein.
Der Zölibat ist eine Regel, die die lateinische Kirche im Mittelalter verbindlich eingeführt hat. Er hat seine Wurzeln in der Bibel, ist aber nicht glaubensnotwendig.
Ich selbst bin seit über 40 Jahren Priester, und ich halte ihn für ein ganz hervorragendes Zeichen der katholischen Kirche. Für ein Zeichen der Unabhängigkeit, des Freiseins und des Protestes in einer Welt, die ganz im Bürgerlichen aufgeht. Das möchte ich nicht verlieren. Aber wenn der Zölibat zu Vereinsamung und zu krummen Dingen führt, wird er total unglaubwürdig.