Starke Ausgabenkürzungen und neue Abgaben könnten zu einer Rezession führen, warnt Frankreichs Präsident
Paris/Berlin. Neue Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungen in Paris und Berlin: Im Streit darum, wie die Antwort auf Europas Schuldenkrise aussehen soll, hat Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy die deutschen Sparpläne kritisiert. "Mit einem Sparpaket nach dem anderen gerät man in die Rezession", sagte Sarkozy bei der wöchentlichen Kabinettssitzung, berichtet die Zeitung "Figaro". Sarkozy zweifele daran, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel die geplante ökologische Luftverkehrsabgabe beim Abflug von deutschen Flughäfen durchsetzen könne. Zudem habe der Präsident sich skeptisch gezeigt, dass die von der Bundesregierung geplante Finanzmarktsteuer tatsächlich sechs Milliarden Euro in die Staatskasse spülen werde.
Dem Bericht zufolge hatte Sarkozy das am vergangenen Montag in letzter Minute geplatzte Treffen mit Merkel in Berlin ebenfalls verschieben wollen, und zwar wegen des milliardenschweren Sparpakets. "Ich wäre nicht gewappnet gewesen, mit ihr darüber zu diskutieren", sagte der Staatschef demnach. Die Botschaft in Berlin habe ihm nicht schnell genug eine Analyse der deutschen Sparpläne vorgelegt. Ein enges Verhältnis der beiden Nachbarländer sei in der derzeitigen Krise Europas immens wichtig, wurde der Präsident zitiert. "Wenn die Welt zusammenbricht, muss man das Haus bewahren." Merkel und Sarkozy wollen ihr Treffen am kommenden Montag nachholen.
Die Bundeskanzlerin wies Berichte über Spannungen mit der französischen Regierung zurück. Sie sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", sie habe sich bei der Bewältigung der Euro-Krise intensiv mit Präsident Sarkozy abgestimmt. "Alle wichtigen Entscheidungen sind gemeinsam vorbereitet und getragen worden." Auf die Frage, warum der deutsch-französische Motor derzeit stottere, antwortete die Bundeskanzlerin: "Das sehe ich nicht so." Auch Frankreich erkenne den gewaltigen Konsolidierungsbedarf innerhalb der EU und unternehme erhebliche nationale Anstrengungen. Auf Sarkozys Anregung werde in Paris beispielsweise über eine Art nationale Schuldenbremse diskutiert.
Gute deutsch-französische Beziehungen beschworen auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine französische Kollegin, Christine Lagarde. Die Ministerien beider Länder arbeiteten "ganz eng und ganz vertrauensvoll zusammen", sagte Schäuble in einer Sondersendung des deutsch-französischen Fernsehsenders Arte. "Wir beide wissen, wir haben eine gemeinsame Verantwortung." Europa brauche eine gewisse Führung, "und dazu müssen Frankreich und Deutschland an einem Strang ziehen", sagte der Finanzminister.