Abschaffung der Wehrpflicht, weniger Elterngeld, Kopfpauschale. Wo Merkels Minister sparen wollen
Berlin. Es ist die Zeit des Rotstifts: Am Sonntag berät sich das Bundeskabinett im Bundeskanzleramt, wie die Etatlöcher in den kommenden Jahren geschlossen werden können. Bis zum Wochenende ist daher viel Arbeit für Angela Merkels Minister angesagt: Sie müssen ihre Ressorts auf Sparmöglichkeiten abklopfen.
Der Stellenabbau, den das Bundesverteidigungsministerium derzeit nach Informationen des Hamburger Abendblatts durchkalkuliert, ist dabei eine besonders drastische Maßnahme. Um wie geplant mittelfristig eine Milliarde Euro pro Jahr einzusparen, könnte die Personalstärke der Bundeswehr von derzeit 250 000 um 100 000 sinken, hieß es in Bundeswehrkreisen. Davon könnten den Plänen zufolge etwa 40 000 Stellen durch die Abschaffung der Wehrpflicht eingespart werden. Große Rüstungsprojekte sollten gestrichen oder im Umfang verringert werden. Es gebe keine Denkverbote, aber auch noch keine Entscheidungen, sagte ein Sprecher dem Abendblatt. Auch Familienministerin Kristina Schröder (CDU) ist zu Abstrichen in ihrem Ressort bereit. Eine Verlängerung der Vätermonate und das geplante Teilelterngeld werde es wegen der Haushaltskonsolidierung vorerst nicht geben. "Wenn ich das realisieren würde, müsste ich umgekehrt noch viel drastischer einsparen", sagte die Ministerin. Beim Elterngeld werde es ebenfalls Einsparungen geben. Darunter seien auch schmerzhafte Kürzungen. Schröder sagte, am Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für unter Dreijährige ab 2013 sowie am Höchstbetrag des Elterngeldes solle jedoch nichts verändert werden. "Wer an den 1800 Euro rüttelt, hat den Grundgedanken des Elterngeldes nicht verstanden." Ebenso müsse die grundlegende Struktur des Elterngeldes erhalten bleiben. Im Ministerium würden derzeit Einsparmodelle durchgerechnet. Schröders Sprecher dementierte aber, dass das Elterngeld pauschal um 70 Euro im Monat gekürzt werden soll. Das Elterngeld schlägt im Bundesetat mit rund vier Milliarden Euro zu Buche.
Wo ansonsten noch gespart werden soll, darüber herrscht in der Regierungskoalition noch Uneinigkeit. Nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm soll auch der Abbau von Subventionen bei der Klausurtagung eine Rolle spielen. Dagegen genießen Ausgaben für Bildung, Forschung und Innovationen laut Wilhelm einen besonderen Stellenwert.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CSU) hatte am Wochenende die Bürger auf harte Einschnitte eingestimmt. Dass er auch Steuererhöhungen nicht ausschließen wollte, stößt auf Protest vor allem vonseiten der FDP, die ein Abwürgen der Konjunktur befürchtet. Die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, zeigte sich aber kompromissbereit, einzelne Vergünstigungen bei der Mehrwertsteuer fallen zu lassen. "Die Mehrwertsteuer mit ihren unterschiedlichen Sätzen ist undurchschaubar und führt zu teilweise absurden Ergebnissen", sagte Homburger der "Bild"-Zeitung.
Um die Kosten im Gesundheitswesen in den Griff zu kriegen, will Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) im Kanzleramt ein Konzept zur sogenannten Kopfpauschale vorlegen. Die 50 Millionen Kassenmitglieder sollen nach Röslers Willen zu ihrem Beitrag schon bald eine monatliche Pauschalprämie von 30 Euro zusätzlich bezahlen. Damit soll das drohende Milliarden-Defizit der gesetzlichen Krankenkasse im nächsten Jahr gedeckt werden. Für Geringverdiener ist ein Sozialausgleich über gestaffelte Beiträge und Steuermittel vorgesehen. Auch ein Pharma-Sparpaket soll Entlastung bringen.