Rom. Die Glocken Roms läuteten wie immer, doch es klang auch nach leisen Sirenen. Der Rücktritt Hochwürden Walter Mixas vom Bischofsitz in Augsburg ließ viele Würdenträger der katholischen Kirche hier schon früh mit Schrecken aus dem Schlaf hochfahren. Einen Kardinal, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, entsetzt an dem Rücktritt vor allem, "dass prominente Bischöfe Deutschlands ihre dezenten Empfehlungen an Mixa gleich auch selbst an die Presse weitergegeben haben. Korrekt wäre gewesen, sie hätten ihren Mitbruder nur hinter verschlossenen Türen ins Gebet genommen. Danach hätten Zollitsch und Marx den Mund halten müssen."
Den offiziellen Äußerungen des Pressestabes ist allerdings keine Nervosität anzumerken. Es gibt keine Krisensitzungen. Unerwartet kam die Nachricht auch nicht, die manche Prälaten so erschüttert, als wäre eine Bresche in die Mauer des Vatikans gerissen worden, durch die die Langobarden nun wieder ungehindert in die Stadt Gottes eindringen könnten. Doch die Aufregung ist groß.
Aber gab es denn nicht schon ähnliche Fälle? Musste kürzlich in Basel nicht Bischof Vogel den Hut nehmen? "Um Himmels willen! Wollen Sie diese Fälle vielleicht vergleichen?", fragt lächelnd ein erfahrener Prälat in einem mit schwerem Brokat verhängten Salon des Vatikans. "Bischof Vogel wurde Vater. Gegen Bischof Mixa aber liegt in der Sache kaum mehr vor als ein paar Ohrfeigen vor 30 Jahren und ein paar alte finanzielle Ungereimtheiten, die nun plötzlich mit der Missbrauchsdebatte zusammengeschraubt wurden." Seinen Namen will aber auch dieser Mann ebenso wenig genannt wissen wie der Kardinal. Allerdings ist er in der Sache auskunftsfreudiger. Ihn "wundert", dass die Vorwürfe gegen Mixa nicht bereits im Vorfeld der Bischofsernennung erhoben worden seien. "Die Watsch'n beiseitegelassen. Was ist denn eigentlich mit den Vorwürfen, die die Finanzen betreffen? Mixa war doch nicht allein. Auch die Stiftungsverwaltung muss die Vorgänge doch gekannt und gebilligt haben. Danach musste der Stiftungsrat alle Ausgaben kontrollieren. Drittens musste der Wirtschaftsprüfer das Gleiche tun. All dies hätte im Informativprozess doch schon zur Sprache kommen müssen. Warum erst jetzt?"
Darum hat er kaum Zweifel, dass sich eine Opposition in der Diözese in diesem Fall der Medien bedient hat, die mit der Ausrichtung Walter Mixas und seiner Personalpolitik nicht einverstanden ist. Denn klar sei ja auch, dass "die Kampagne", die dem Rücktritt vorausging, von langer Hand vorbereitet worden sei. "Denn um an all diese Informationen zu kommen, sei es, was das Vermögen betrifft, sei es, was die Kinder betrifft, bedurfte es doch längerer und gründlicher Recherchen. Wer war daran interessiert?"
Der Monsignore sieht jetzt einen Schaden für alle. Für das konservative wie für das liberale Lager, im Grunde für die ganze Kirche und vor allem für das Bischofsamt. "Jetzt kann jeder Bischof sehr leicht diskreditiert werden." Jeder müsse nun fürchten, dass sein Leben in jeder Etappe durchleuchtet werde. Verdächtigungen würden künftig genügen, jeden missliebigen Bischof zu erledigen. Dafür brauche es nicht einmal "eine Leiche im Keller, sondern - wie sich jetzt zeigt - ein oder zwei Kästen Wein zu viel".
Durch diesen einmaligen Vorgang im Fall Mixa würden die deutschen Bischöfe deshalb noch ängstlicher werden, als sie es ohnehin schon seien. Denn natürlich sei Bischof Mixa auch "für seine Äußerungen bestraft" worden. "Er war ja eine Reizfigur!"