Paris. Gegen den internationalen Trend hat Deutschland 2009 deutlich weniger Geld für Entwicklungshilfe ausgegeben. Im laufenden Jahr werde die Bundesrepublik außerdem ihre Zusage deutlich verfehlen, die Zahlungen auf mindestens 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu steigern, teilte die OECD gestern in Paris mit. Im vergangenen Jahr gaben die 23 untersuchten Industriestaaten bedürftigen Ländern demnach 123 Milliarden Dollar (91 Milliarden Euro).
Die OECD berichtete, Deutschland habe 2009 zwar seine direkten Hilfszahlungen an Entwicklungsländer gesteigert, diesen aber deutlich weniger Schulden erlassen als im Vorjahr. Unter dem Strich gab die Bundesrepublik zwölf Milliarden Dollar (8,8 Milliarden Euro) aus, nach 14 Milliarden im Jahr 2008. Preis- und wechselkursbereinigt ergibt sich daraus ein Rückgang um zwölf Prozent. Damit verlor das Land den zweiten Platz in der Statistik an Frankreich, das seine Ausgaben deutlich steigerte. Am meisten zahlen nach wie vor die USA.
Trotz der weltweiten Wirtschaftskrise stiegen die Ausgaben international um eine Milliarde Dollar. Ohne die jährlich schwankende Summe erlassener Schulden legten die Hilfen sogar um knapp sieben Prozent zu.
Im internationalen Vergleich zählen nicht die absoluten Zahlen, sondern der Anteil am Bruttonationaleinkommen (BNE), das ein Land für Entwicklungshilfe aufwendet. Danach sieht die OECD-Statistik ganz anders aus: An der Spitze liegt Schweden mit einem Anteil von 1,12 Prozent am BNE, gefolgt von Norwegen und Luxemburg. Trotz eines Beitrags von 28,7 Milliarden Dollar erreichen die USA nur einen Platz im hinteren Viertel der Rangliste, weil diese Summe nur 0,2 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung ausmacht.
Die 15 EU-Staaten im OECD-Ausschuss für Entwicklungshilfe haben ihre Zusagen ebenfalls mit dem BNE verknüpft. Vor fünf Jahren versprachen diese Länder, bis 2010 mindestens 0,51 und bis 2015 mindestens 0,7 Prozent ihres BNE an arme Länder zu zahlen. Doch davon sind viele weit entfernt. Deutschland schaffte 2009 gerade einmal 0,35 Prozent. Dieses Jahr steigt dieser Wert laut der OECD-Prognose auf 0,4 Prozent - und verfehlt damit die Zusage bei Weitem.
Das Entwicklungsministerium hob hervor, dass der deutsche Beitrag 2009 über dem internationalen Durchschnitt von 0,31 Prozent gelegen habe. In diesem Jahre werde die Regierung 256 Millionen Euro mehr ausgeben. "In dieser schwierigen Haushaltslage ist das ein enormer Erfolg", sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP).
Die SPD-Bundestagsfraktion forderte erneut eine Finanztransaktionssteuer, um zusätzliches Geld für die Entwicklungshilfe einzunehmen. Auch die Bundestagsfraktion der Grünen kritisierte, dass Deutschland weniger ausgegeben habe als versprochen. Der vermutete Anstieg in diesem Jahr gehe auf "parteipolitisch motivierte Zahlentricks" zurück. Hilfsgelder und Entschuldungen seien auf 2010 verschoben worden, damit der Wert dieses Jahr - unter dem neuen Minister - steige.