Auch wenn in Wien und Osteuropa seit Ende des 19. Jahrhunderts immer wieder jüdische Schauspieler ihr Publikum mit Sketchen in jiddischer und hebräischer Sprache begeisterten, gibt es ein jüdisches Kabarett als fest umrissenes Kunstgenre ebenso wenig wie es jüdische Musik oder jüdische Malerei gibt. Trotzdem ist es kein Zufall, dass es in der Geschichte des Kabaretts viele Jahrzehnte lang immer wieder Künstler mit jüdischen Wurzeln waren, die Herausragendes geleistet haben. Der am Tora- und Talmudstudium geschulte jüdische Geist, vor allem aber der ebenso intellektuelle wie hintersinnige jüdische Humor, der mit scheinbar banalen Analogien im Alltäglichen das Philosophische sichtbar werden lässt, erwiesen sich als hervorragende Voraussetzungen für den Erfolg auf der Kabarettbühne.
In Österreich waren es Anfang des 20. Jahrhunderts Persönlichkeiten wie Armin Berg oder Fritz Grünbaum, in Berlin Martin Bendix und Alfred Auerbach und in Hamburg die Schlachtersöhne Ludwig, Leopold und James Wolf, besser bekannt als Gebrüder Wolf, die als Kabarettisten Erfolge feierten.
Dieses literarische Kabarett lebte von Wortwitz und Komik, von geschliffenen Sketchen, Parodien und Satiren, ein wichtiges Element waren aber auch Lieder, die oft enorme Popularität erreichten. Ein Beispiel dafür ist der Song vom "Jung mit'n Tüdelband", mit dem die Gebrüder Wolf den pfiffigen Hamburger Jung besungen haben.
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten kam nicht nur das schnelle Ende dieser glanzvollen Ära, für viele jüdische Kabarettisten bedeutete es auch die physische Vernichtung: Sie wurden verhaftet und in die Vernichtungslager verschleppt. James Wolf zum Beispiel ermordete man 1943 in Theresienstadt, Fritz Grünbaum 1941 in Dachau.
Fritz Farkas gehörte zu jenen, denen rechtzeitig die Flucht gelang, er ging 1938 in die USA, kehrte aber 1946 nach Wien zurück, wo er wieder im legendären "Simpl" auftrat.
Auch Georg Kreisler, der 1938 als 16-Jähriger in die USA emigrierte, kehrte später nach Europa zurück, wo er zunächst in Wien, später in München und Berlin eine beispiellose Karriere machte. Seine hintergründig-witzigen und oft auch makaberen Chansons (" Gehen wir Tauben vergiften im Park ...") stehen für jenen Humor, der das Erfolgsgeheimnis so vieler jüdischer Kabarettisten ausmacht. "Jüdischer Humor", meinte Paul Spiegel, der frühere Zentralratsvorsitzende der Juden in Deutschland, "war und ist die schönste Waffe der Minderheit."