Berlin. Die schnelle Einigung über die Zukunft der Jobcenter führt zu einer ganz großen Koalition: Mit den Stimmen der Union, ihres Partners FDP und der SPD-Opposition soll das Grundgesetz geändert werden. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat grünes Licht von der FDP, obwohl eine Grundgesetzänderung im Koalitionsvertrag nicht erwähnt ist. Die Ressortchefin will in dieser Woche mit dem Ausarbeiten eines neuen Verfassungsartikels beginnen.
"Endlich bewegt sich die Unionsfraktion. Lange genug hat's gedauert. Aber besser spät als nie. Hoffentlich ist das ernst gemeint und nicht nur ein taktisches Manöver", sagte der Vizefraktionschef der SPD, Olaf Scholz, dem Abendblatt.
Die SPD, mit der die Union eine Grundgesetzänderung in den vergangenen zwei Jahren nicht schaffte, stellt jedoch Bedingungen. So soll die Zahl der Optionskommunen von 69 nicht erhöht werden. In diesen Feldversuchen betreuen Landkreise und Städte allein ihre Langzeitarbeitslosen. Die Union wollte dieses Modell auf ganz Deutschland erweitern. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, wichtig für die SPD sei, dass die Vermittlung nicht eingeschränkt werde.
Von der Leyen äußerte Erleichterung darüber, dass in der Union alle Seiten zur Konfliktlösung aufeinander zugegangen seien. "Wir haben die Tür weit geöffnet, damit im Sinne der Langzeitarbeitslosen und mitten in der Wirtschaftskrise die nötigen Schritte zu einer Grundgesetzänderung möglich sind", sagte die Ministerin. Die 6,7 Millionen Hartz-IV-Bezieher sollen nach wie vor aus einer Hand von den Arbeitsgemeinschaften oder Jobcentern bedient werden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2007 die gemeinsam von der Bundesarbeitsagentur (BA) und den Kommunen betriebenen Jobcenter beanstandet und eine Neuregelung bis Ende 2010 verlangt. Laut Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hat sich die Fraktion mit ihrer Vorstellung "zu 100 Prozent durchgesetzt, dass nämlich im Grundgesetz keine Behördenstruktur festgelegt wird".
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sagte, er sehe Chancen für eine Einigung mit der SPD. Es gebe aber noch unterschiedliche Ansichten. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, sagte: "Die SPD hat genau wie wir die Situation in den Kommunen vor Augen. Wir wollen eine unkomplizierte, saubere Lösung. Das lässt sich machen." Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) sagte, er habe mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, "dass Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen im Streit um die Jobcenter auf unsere Linie eingeschwenkt ist".