Hamburg. Er wollte nicht nach Berlin, und schon gar nicht ins Gesundheitsministerium. Dann hat er doch zugesagt. Die Dimension des Himmelfahrtskommandos sei ihm erst hinterher gedämmert, sagen Vertraute. Und jetzt, nach 100 Tagen im Amt, knüpft Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sein politisches Schicksal an den Erfolg des umstrittenen Modells der Gesundheitsprämie. Wenn er scheitere, "dann will mich keiner mehr als Gesundheitsminister haben", sagte er in der ARD. Er sei aber optimistisch, dass er die Union für Pauschalbeiträge für die Krankenversicherung gewinnen werde.
Woher er seinen Optimismus nimmt, bleibt schleierhaft. Die CSU lehnt das Projekt glatt ab. Sogar im eigenen Laden hat Rösler (37) kaum Verbündete. Der FDP sind Steuersenkungen wichtiger als eine unpopuläre Gesundheitsprämie. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will den Haushalt konsolidieren, statt Milliarden für eine Großreform bereitzustellen. Und in der SPD wird angesichts der angekündigten Aufschläge der Krankenkassen bereits gespottet, dass 100 Tage Rösler für Millionen gesetzlich Versicherte fast 100 Euro mehr Beitrag bedeute.
Wenig beeindruckend fällt auch die Bilanz von Familienministerin Kristina Köhler (32) aus, zunächst als CDU-Antwort auf Philipp Rösler gefeiert. Köhler ist nach dem Rücktritt ihres Kurzzeitvorgängers Franz Josef Jung nicht 100, sondern erst 65 Tage im Amt. Diese Zeit hat sie überwiegend damit verbracht, sich in ihr Ressort einzuarbeiten. Allerdings sind viele Weichenstellungen bereits in der Großen Koalition erfolgt. Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz, Elterngeld - alles schon geregelt. So sucht Kristina Köhler ihr eigenes politisches Thema. Und macht privat Schlagzeilen: Am 13. Februar heiratet sie ihren Lebensgefährten Ole Schröder, Staatssekretär im Innenministerium. Das verspricht ein wenig Glanz.
Den Glamourfaktor im Kabinett hat bislang vor allem Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (38) bedient. Doch jetzt muss sich der fränkische Baron mit dem heiklen Afghanistan-Einsatz und der Affäre um Informationspannen nach dem Bombardement von Kundus herumschlagen. Guttenberg hat einen General und einen Staatssekretär ins politische Jenseits befördert. Und er selbst muss in Kürze einem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Wer hat was wann gewusst über den Angriff von Kundus, bei dem 142 Menschen starben? Plötzlich findet sich der Star des Kabinetts, den manche bereits als ersten CSU-Mann im Kanzleramt sahen, im Zentrum der bisher größten Krise der Regierung unter Angela Merkel. Eine beachtliche Bilanz, wenn auch ganz anders als gedacht.
Was von 100 Tagen bleibt? Die drei mit so viel Vorschusslorbeer ins Amt gestarteten Jungstars sind in den Niederungen der Tagespolitik angekommen.