Hamburg/Berlin. An der Führungsakademie in Hamburg wurde er 1987-89 zum Generalstabsoffizier ausgebildet, nun wird Generalleutnant Volker Wieker der ranghöchste Soldat in Deutschland. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ernannte den 55-Jährigen am Freitag zum Nachfolger des im Zuge der Kundus-Affäre gefeuerten Wolfgang Schneiderhan. Wirker ist erst seit Anfang Oktober Chef des Stabes der Schutztruppe Isaf in Afghanistan und in Personalunion Kommandeur des Deutsch-Niederländischen Korps in Münster. Guttenberg nannte den gebürtigen Delmenhorster, der auch schon im Verteidigungsministerium und in Bosnien Dienst getan hat, einen "erstklassigen Soldaten". Wieker tritt sein Amt an, während sein Minister und sein Amtsvorgänger in einen üblen Streit darüber verwickelt sind, wer die Wahrheit über das Informationsdebakel nach dem Bombardement von Kundus mit bis zu 142 Toten am 4. September gesagt hat. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages, der sich am Vortag konstituiert hatte, wird vermutlich auch Wieker als Zeugen vorladen. Das jedenfalls meldeten die Grünen bereits an.
Nach einem Geheimbericht, aus dem "Spiegel Online" am Freitag zitierte, soll die Bundeswehr angeblich viel früher als bislang angenommen über eine hohe Zahl ziviler Opfer nach dem Bombenabwurf informiert gewesen sein. Ein afghanischer Informant mit exzellenten Informationen über die Aktivitäten der Taliban soll nur Stunden nach dem Luftangriff auf zwei von den Aufständischen gekaperte Tanklaster einem deutschen Soldaten berichtet haben, unter den Opfern seien "genauso Taliban wie Zivilisten". Er sprach von "mindestens 100 Toten". Bundeswehr und Verteidigungsministerium hatten zunächst nur von Opfern unter den Taliban gesprochen.
Die "Bild"-Zeitung veröffentlichte ein knapp einminütiges Video, dass am Bildrand die Explosion der beiden Tanklaster zeigt, die auf Befehl des deutschen Oberst Georg Klein bombardiert worden war. Die erst jetzt aufgetauchte Sequenz stammt aus einer Überwachungskamera der Bundeswehr im Feldlager Kundus und wurde Bundestag und Bundesanwaltschaft zu Beweiszwecken zur Verfügung gestellt.