Die Bundesregierung gerät in der Kundus-Affäre zunehmend in Bedrängnis. Doch worum geht es dabei überhaupt? Ein Überblick.
WELCHES ZIEL HATTE DIE BOMBARDIERUNG?
Der als geheim eingestufte Nato-Bericht (Com-Isaf-Bericht) über den Luftangriff kommt nach Medienberichten zu dem Ergebnis, das Ziel der von Oberst Georg Klein befohlenen Bombardierung seien weniger die entführten Tanklaster, sondern eine Gruppe von Taliban und ihre Anführer gewesen. „Es ist schwer zu ergründen, warum der Fokus des PRT-Kommandeurs auf die Taliban in dem Zielgebiet gerichtet war und nicht allein auf die gestohlenen Tanklaster, die doch wohl die größte Bedrohung waren für die Sicherheit der PRT-Kräfte“, zitierte der „Spiegel“ aus dem Dokument. Klein selbst schrieb laut dem Magazin an den Generalinspekteur am 5. September, er habe die Tanklastwagen sowie die versammelten Aufständischen „vernichten“ wollen. Bislang war von der Regierung vor allem die Sicherheit der Soldaten des nahegelegenen Feldlagers als Grund für den Abwurf zweier Bomben genannt worden.
WURDE DIE BUNDESWEHRSTRATEGIE VERÄNDERT?
Einem Zeitungsbericht zufolge ist der gezielte Angriff vom 4. September auf Tanklaster und Taliban Ergebnis einer vom Kanzleramt gebilligten Eskalationsstrategie. Diese sollen der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung und der inzwischen entlassene Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan den Offizieren im Sommer vorgegeben haben. Dazu soll auch die gezielte Ausschaltung der Führungsstruktur der Taliban gehören. SPD, Linke und Grüne kritisieren, die gezielte Tötung von Taliban-Kämpfern verstoße gegen das Bundeswehrmandat sowie gegen das Völkerrecht. Sie wittern einen schleichenden Umbau der Bundeswehr von einer Parlamentsarmee, deren Einsätze vom Bundestag streng begrenzt sind, zu einer Interventionsarmee.
WAS WUSSTEN KANZLERAMT UND KANZLERIN?
Die Opposition verlangt Aufklärung von Merkel, ob das Kanzleramt eine neue Strategie in Afghanistan mitgetragen hat. Zudem steht als Frage im Raum, ob die Infos aus dem Nato-Bericht und die Notizen Kleins auch dem für das Verteidigungsministerium zuständigen Fachreferat im Kanzleramt und auch der Kanzlerin selbst bekannt waren. Bislang erwähnte Merkel davon nichts. Ihr Sprecher Ulrich Wilhelm erklärte am Montag, die genauen Informationswege könne nur der Untersuchungsausschuss offenlegen.
WAS WUSSTE MINISTER GUTTENBERG?
Die Opposition wirft Guttenberg vor, er habe den Nato-Bericht gekannt, von einer gezielten Bombardierung der Menschen dort aber nichts erwähnt. SPD, Linke und Grüne sprechen deshalb von Verschleierung oder gar bewusster Täuschung und Lüge. Guttenberg bezeichnete kurz nach Amtsantritt am 6. November den Angriff in Kenntnis des Com-Isaf-Berichts als militärisch angemessen, revidierte sich später. Die Kehrtwende begründete er damit, dass ihm Berichte vorenthalten worden seien. Generalinspekteur Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert mussten deswegen abtreten.
Schneiderhan widersprach dem jetzt, alle wesentlichen Informationen zum Bombardement seien im sogenannten Com-ISAF-Bericht verarbeitet worden. Dieser habe Guttenberg zu Amtsantritt vorgelegen, ebenso ein Bericht des Internationalen Roten Kreuzes. Er und Wichert hätten Guttenberg dann am 25. November auf Nachfrage noch auf vier weitere Berichte hingewiesen. Guttenberg bleibt dabei, dass ihm relevante Dokumente vorenthalten worden seien.