Hamburg. Was Polizisten in den Fußballstadien Deutschlands an den Wochenenden erleben, hat oft nichts mehr mit Sport und schon gar nicht mit sportlichem Verhalten zu tun. Angesichts von abmontierten Verkehrsschildern, mit denen vermummte Chaoten nach einem Viertligaspiel des halleschen FC auf die Polizisten nach dem Spiel losgingen, blieb auch dem Führer der eingesetzten Polizeieinheit Guido Steinert nur noch Fassungslosigkeit. Sie lesen sich aus den Zeilen, die er über seine Einsätze für die Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei (GdP) aufgeschrieben hat. Nur die gute Ausbildung seiner Einheit hätten ihm und seinen Kollegen geholfen, den Hinterhalt, in den sie gerieten, zu bewältigen. Auch bei den Innenministern des Bundes und der Länder, die sich gestern und heute auf der Innenministerkonferenz (IMK) in Bremen treffen, ist dieses Problem angekommen. Es geht ihnen um Lösungen, auch für die Gewalt gegen Polizisten und in Nahverkehrszügen - oft auch von Fußballfans ausgelöst. Erst am vergangenen Wochenende etwa hatten Hooligans aus dem Umfeld des HSV bei der Reise zum Auswärtsspiel nach Mainz einen Zug verwüstet.
Nach Ansicht des hessischen Innenministers Volker Bouffier (CDU) sollen die Innenminister gegen die Gewalt in den Stadien auf ein Mittel von der Fußball-WM 2006 zurückgreifen. Damals wurde mit dem Kauf von Eintrittskarten die Identität geprüft, um Gewalttätern von vornherein den Zutritt zu den Stadien zu verwehren. Die Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) hätten sich "sehr offen für diese Maßnahme gezeigt", sagte Bouffier der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Für den GdP-Chef Konrad Freiberg sind vor allem die Vereine gefordert, ihre Sicherheitsdienste zu verstärken und Stadienverbote durchzusetzen. "Wir stellen fest, dass die Gewalt in den Stadien stark zugenommen hat", sagte er dem Abendblatt "Das geht bis zu Mordversuchen an Polizisten."
Alkohol spielt nach seinen Angaben bei den Gewaltausbrüchen eine große Rolle. Er unterstützt deswegen das Alkoholverbot in Regionalzügen und Bussen, das Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann ins Gespräch gebracht hat, um die Sicherheit im Nahverkehr zu verbessern. Wie Freiberg forderte auch der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, mehr Einsatz von der Bahn. Wendt sagte bild.de: "Die Innenminister müssen die Bahnbetriebe in die Pflicht nehmen, den Alkoholkonsum in ihren Zügen einzuschränken." Kritik an dem Alkoholverbot kam von der Bahngewerkschaft GDBA und aus der FDP. "Der Dumme ist dann der Zugbegleiter, der im Zweifel einer Horde alkoholisierter Jugendlicher gegenübersteht und das Verbot durchsetzen muss", sagt der stellvertretende GDBA-Chef Peter Tröge. Die Vize-Fraktionsvorsitzende der FDP, Gisela Piltz, erklärte, ein Alkoholverbot treffe im Zweifel diejenigen, "die völlig verantwortungsvoll ihre Reise mit einem Gläschen Sekt versüßen".