Die in Brandenburg mitregierende Linkspartei will sich angesichts der jüngsten Stasi-Enthüllungen offensiver mit den Biografien ihrer Mitglieder auseinandersetzen.
Potsdam. Die Partei wolle Beschlüsse von Anfang der 1990er Jahre über eine differenzierte Einzelfallprüfung aktualisieren. Das beschloss ein sogenannter Kleiner Parteitag am Sonnabend in Potsdam einstimmig. Die 140 Teilnehmer begrüßten die von SPD, Linke und Bündnis 90/Grüne dem Landtag in Potsdam vorgelegten Verfahrensregeln zur Überprüfung aller Landtagsabgeordneten auf eine Zusammenarbeit mit dem DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS).
Die Partei habe damals die Offenlegung der Biografien zur Bedingung dafür gemacht, politische Ämter und Mandate im Namen und mit Unterstützung der Partei anzustreben, hieß es. Doch die Landtagsabgeordneten Gerd-Rüdiger Hoffmann und Renate Adolph hätten ihre frühere Zusammenarbeit mit dem MfS ganz oder teilweise verschwiegen und damit auch nach der Landtagswahl Ende September ihre Partei und die Fraktion getäuscht.
Der Generalsekretär der CDU Brandenburg, Dieter Dombrowski, bezeichnete die Linken-Erklärung als „leere Worthülsen“. In keinem Absatz fänden sich klare Worte über den Unrechtsstaat DDR, die hunderttausenden Opfer dieser Diktatur und die Verantwortung der Linkspartei, kritisierte er in einer Mitteilung vom Sonntag. Platzeck und seine SPD müssten sich fragen lassen, wie ernst die Worte im Koalitionsvertrag gemeint waren, es werde mit dieser Koalition keine Verklärung der SED-Diktatur geben.
Bündnis 90/Die Grünen Brandenburgs bemängelten, die Parteitagsteilnehmer hätten keine klaren Beschlüsse zum Umgang mit Stasi-Verstrickungen von Mandatsträgern gefasst. „Zu einer wirklichen Aufarbeitung der Vergangenheit gehört für uns die kritische Aufklärung, warum der parteiinterne Beschluss von damals nicht richtig durchgesetzt wurde“, sagte die Landesvorsitzende Annalena Baerbock am Sonntag. Die Tagungsteilnehmer beauftragten den Landesvorstand der Linkspartei, für den Landesparteitag im März 2010 einen Antrag zur Aktualisierung früherer Beschlüsse zum Umgang mit den Biografien der Linkspartei-Mitglieder vorzubereiten. Außerdem solle darüber diskutiert werden, wie der Landesverband die Initiative von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zur Versöhnung mit den Linken aufgreift.
Nach der Wahl waren SPD und Linkspartei in Brandenburg eine rot-rote Koalition eingegangen. Die Linke-Abgeordnete Adolph legte nach Bekanntwerden von Stasi-Vorwürfen ihre Mandat nieder. Hoffmann weigerte sich jedoch, sein Mandat abzugeben. Er trat aber aus der Fraktion aus, um seinem Ausschluss zuvorzukommen, und arbeitet künftig als Fraktionsloser im Landtag weiter. Kurze Zeit später gab die Linkspolitikerin Gerlinde Stobrawa wegen ihrer Stasi-Kontakte das Amt als Landtags-Vizepräsidentin auf.
Der SPD-Fraktionschef im Brandenburger Landtag, Dietmar Woidke, sagte der in Cottbus erscheinenden „Lausitzer Rundschau“, er befürworte eine Stasi-Überprüfung von Landtagsabgeordneten auch nach 2011. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Innenminister Thomas de Maizière (CDU), sprach sich in der Zeitschrift „Super Illu“ für Stasi-Überprüfungen aller Bundestagsabgeordneten auch nach 2011 aus. Das Stasiunterlagen-Gesetz sieht bei Verdachtsmomenten noch bis 2011 Prüfungen für einen eingeschränkten Kreis von Spitzenleuten in Politik und Verwaltung vor.