Berlin. Der Streit um einen Einzug der Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach in den Beirat der Stiftung "Flucht-Vertreibung-Versöhnung" wird immer mehr zu einer Belastungsprobe für die schwarz-gelbe Bundesregierung. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) blieb am Freitag bei seinem Nein zu einer Berufung Steinbachs. Ein vorangegangenes Treffen von Steinbach und Westerwelle im Deutschen Bundestag hatte keinerlei Fortschritte gebracht.
Die CSU reagierte mit scharfen Angriffen auf den FDP-Vorsitzenden. "Das war kein echtes Gespräch von Herrn Westerwelle mit Erika Steinbach, sondern nur eine Unterhaltung von wenigen Minuten am Rande des Bundestagsplenums ohne die Möglichkeit zu vertiefter Erörterung", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dem Hamburger Abendblatt. "Form und Stil waren völlig unangemessen und nicht gentlemanlike."
Dobrindt forderte: "Westerwelle hat die Pflicht, ein wirkliches Gespräch mit Erika Steinbach zu führen, offen und ohne Vorfestlegungen. Das steht weiterhin aus. Wenn das die Politik von Westerwelle ist - große Fragen in wenigen Minuten abzuhandeln - dann ist er ein Fünf-Minuten-Minister."
Der Generalsekretär bekräftigte die Haltung der CSU, dass der Bund der Vertriebenen bei der Besetzung des offenen Sitzes "sein Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen" dürfe. Wenn die FDP "weiter blockiert, zeigt sie damit, dass sie staatliche Bevormundung über die Freiheit stellt", kritisierte Dobrindt.
Westerwelle lehnt Steinbach aus Rücksicht auf den Versöhnungsprozess mit Polen ab. Die Vertriebenenpräsidentin ist dort höchst unbeliebt. Rückendeckung erhielt Westerwelle von seinem Amtsvorgänger Frank-Walter Steinmeier. "In die Gremien einer Vertriebenenstiftung sollten keine Personen entsandt werden, die Schwierigkeiten mit der Festlegung der Oder-Neiße-Grenze hatten. Frau Steinbach sollte nicht im Stiftungsrat vertreten sein", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende dem Abendblatt. Er habe als Außenminister erfahren, wie sensibel das deutsch-polnische Verhältnis immer noch sei. Daher sei er froh über die Haltung Westerwelles, so Steinmeier.
Die CSU weitete ihre Angriffe auf die FDP unterdessen aus. "Ich erkenne bei immer mehr Themen, dass die Fahne der Freiheit von der CSU hochgehalten wird, während sich die FDP zu einer Partei der staatlichen Bevormundung entwickelt", sagte Generalsekretär Dobrindt. "Im Fall Steinbach werden Verbände durch die FDP in ihrem Selbstbestimmungsrecht bevormundet. Beim Betreuungsgeld bevormundet die FDP junge Familien, wenn Gutscheine statt Bargeld ausgegeben werden sollen. Und wenn die FDP die Kopfpauschale in der Krankenversicherung will, dann will sie Millionen Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen über den Sozialausgleich zu Empfängern von staatlichen Transferleistungen machen." Dobrindts Fazit: "Man muss sich langsam Sorgen machen über diese schleichende Sozialdemokratisierung der FDP."