Berlin. Der Koalitionsstreit um die Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach (CDU) wird voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr gelöst. Hinter den Kulissen laufen nach Abendblatt-Informationen aber bereits Bemühungen um einen Kompromiss in dem zuletzt völlig festgefahrenen Konflikt.
Erika Steinbach selbst zeigte sich gestern hart und erhob weiter Anspruch auf einen Sitz im Aufsichtsrat der von ihr selbst initiierten Stiftung "Flucht, Vertreibung und Versöhnung". Gleichzeitig gab sie Union und FDP aber Zeit, um den Streit zu schlichten.
Während die CDU/CSU den Anspruch Steinbachs auf Mitwirkung in der Stiftung unterstützt, will die FDP unter Hinweis auf Vorbehalte in Polen die Vertriebenen-Präsidentin außen vor lassen. Steinbach sagte im ZDF, der Bund der Vertriebenen werde nun erst nach Weihnachten die offizielle Nominierung verkünden. Danach muss die Regierung entscheiden.
In Koalitionskreisen wurde gestern nicht ausgeschlossen, dass es in der Angelegenheit auch Vermittlungsbemühungen zur polnischen Politik geben werde. In Polen gilt Steinbach als Geschichtsfälscherin, weil sie auch an deutsche Opfer von Krieg und Vertreibung erinnert. Möglicherweise könne Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk dazu bewegen, Vorbehalte gegen Steinbach im Namen seines Landes öffentlich zurückzunehmen, heißt es nun. Der FDP-Chef hatte die Haltung der Polen zu Steinbach als zentralen Grund für sein "Nein" zu ihrer Entsendung in den Beirat Stiftung mit Sitz in Berlin angeführt. Steinbach erinnerte daran, dass es das gute Recht des Bundes der Vertriebenen sei, ohne äußere Einflussnahme einen Kandidaten zu benennen. Es gehe gar nicht um ihre persönliche Entscheidung, sondern um die ihres Verbandes. Dieser nehme nun Rücksicht auf die noch junge Regierung, die sich möglicherweise noch finden müsse und deshalb Zeit zur Beratung erhalte, "über die Weihnachtsfeiertage - das ist ein Fest der Versöhnung", fügte Steinbach hinzu.
Die Bundesregierung hatte sich auf ihrer Kabinettsklausur vor wenigen Tagen nicht mit der umstrittenen Personalie befasst. Merkel hatte dies damit begründet, dass noch keine offizielle Nominierung Steinbachs vorliege.
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) rief Westerwelle und Vertriebenen-Präsidentin Steinbach zur Kompromisssuche auf. "Ich bin dafür, dass Erika Steinbach und Guido Westerwelle sich zusammensetzen und selbst den Dialog führen sollten", sagte er der "FAZ". Und fügte hinzu: "Erika Steinbach hat den Bund der Vertriebenen politisch in die Mitte geführt. Das sollte und muss der Außenminister eigentlich anerkennen."
Anders SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier: Er forderte Merkel zu einer raschen Entscheidung gegen Steinbach auf.