Dresden. So schließt sich der Kreis: Wenn der SPD-Bundesparteitag an diesem Sonntag in Dresden zu seiner abschließenden Sitzung zusammenkommt, liegt die Verabschiedung des Godesberger Programms auf den Tag genau 50 Jahre zurück.
Noch heute gilt der Godesberger Parteitag als Geburtsstunde der modernen Sozialdemokratie. In Bad Godesberg stimmte am 15. November 1959 die große Mehrheit von 324 der 340 Delegierten für das neue Grundsatzprogramm, das den Wandel der SPD zur Volkspartei markierte und ihr den Weg in Regierungsverantwortung bahnte.
Der mittlerweile 82-Jahre alte SPD-Vordenker Erhard Eppler wird aus Anlass des Jubiläums am Sonntag eine Rede vor den Dresdner Parteitagsdelegierten halten. Sein Beitrag zu "50 Jahre Godesberger Parteitag" steht unmittelbar vor der Abschlussrede Sigmar Gabriels auf der Tagesordnung. Der Parteitag in Bad Godesberg dauerte 1959 vom 13. bis 15. November und fand damit exakt an den gleichen Tagen statt wie im laufenden Jahr der dreitägige Kongress in Dresden.
Im Gegensatz zu 2009 standen in Bad Godesberg keine Vorstandswahlen an. Das schließlich verabschiedete Grundsatzprogramm war der einzige inhaltliche Tagesordnungspunkt des Parteitags. Allerdings ein besonders gewichtiger. Denn das Godesberger Programm markierte den Abschied von klassenkämpferischen Zielen einer sozialistischen Arbeiterpartei und den Aufbruch der SPD zu gemäßigteren Positionen. Es bestimmte danach für die Rekordzeit von 30 Jahren die Grundlage sozialdemokratischer Politik. Die Verabschiedung des Programms war das Ergebnis eines intensiven Prozesses: Bereits 1954 hatte ein Parteitag in Berlin die Einsetzung einer "Großen Programmkommission" beschlossen, die aus 34 Personen bestand und im März 1955 ihre Arbeit aufnahm. Erst Jahre später, im Sommer 1958, wurde dann der erste Programmentwurf an alle Parteimitglieder verschickt, der eine breite Diskussion in der SPD auslöste, aber letztlich Akzeptanz fand.
Erst mit diesem Programm wurde die von den Sozialdemokraten vertretene sozialistische Forderung nach einer "Ablösung bürgerlicher Klassenherrschaft" ersetzt durch ein Ja zu einem allerdings am Gemeinwohl orientierten Eigentum an Produktionsmitteln. Danach gelang es der SPD, breitere Bevölkerungskreise zu erreichen und zunächst 1966 in der Großen Koalition sowie ab 1969 im sozialliberalen Kabinett Willy Brandts Regierungsverantwortung zu übernehmen.