Verwirrung um Teilnahme Merkels. Grünen-Parteichef Özdemir: Die Kanzlerin folgt nur PR-Empfehlungen.
Hamburg/Berlin. Innerhalb der CDU gilt Norbert Röttgen als derjenige, der seine Partei so grün wie möglich machen soll. Seinen ersten Redeauftritt als Umweltminister nutzte Röttgen im Bundestag, um genau diesen Eindruck zu verfestigen. "Wir sind ambitionierter als die Vorgängerregierung", sagte Röttgen selbstbewusst und verwies auf die im schwarz-gelben Koalitionsvertrag festgeschriebenen Ziele: die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen und die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 auf 40 Prozent des Niveaus von 1990 zu begrenzen.
Der erste CDU-Politiker auf diesem Ministerposten seit Angela Merkel wird vor allem am Erfolg des Weltklimagipfels in Kopenhagen gemessen werden, das weiß auch Röttgen. Zu einem Erfolg der Konferenz gebe es keine Alternative, sagte er im Plenum und machte deutlich, dass kein "Plan B" existiere. "Es gibt nur die eine Option: Kopenhagen muss ein Erfolg werden." Röttgen forderte zudem eine Umweltpolitik, die sich an marktwirtschaftlichen Grundsätzen orientiert. "Ökologie und Ökonomie sind zwei Seiten einer Medaille." Der Klimaschutz müsse "innerhalb des marktwirtschaftlichen Ordnungssystems" stattfinden. Dabei solle das "Leitprinzip der Nachhaltigkeit" gelten.
Bisher ist Röttgen das einzige deutsche Regierungsmitglied, das seine Reise nach Kopenhagen im Dezember zugesagt hat. Verwirrung herrscht dagegen um die Pläne von Bundeskanzlerin Merkel. Am Dienstag hatte sie in ihrer Regierungserklärung verkündet: "Ich werde mich ganz persönlich dafür einsetzen und natürlich, wenn es Erfolg hat, werde ich nach Kopenhagen fahren." Im Bundestag hatte man das als Ankündigung ihrer Teilnahme verstanden.
Gestern klang das schon wieder anders. Die Kanzlerin wolle nur dann zum Weltklimagipfel reisen, wenn dort auch Aussicht auf einen Durchbruch bei den Verhandlungen bestehe, hieß es aus Regierungskreisen. Merkel habe erklärt, sie werde fahren, wenn es Erfolg versprechend sei, betonte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans. Dies sei "keine unkonditionierte Aussage". Detaillierter wollte sich Steegmans nicht äußern.
Die Grünen fordern nun Klarheit von der Kanzlerin. Grünen-Parteichef Cem Özdemir sagte dem Abendblatt: "Angela Merkel hat einmal den Anschein erweckt, sie hätte verstanden, dass es beim Klimaschutz um nicht weniger als um die Abwendung der größten ökologischen und humanitären Katastrophe der Geschichte geht."
Özdemir zeigte sich enttäuscht, dass Merkel offenbar noch keine Entscheidung für Kopenhagen gefällt hat: "Heute macht Angela Merkel ihr Kommen von den PR-Empfehlungen ihrer Pressestelle abhängig. Das Signal ist, der ehemalige Vorreiter verlässt das sinkende Schiff", so der Grünen-Chef. Er ist überzeugt: "Schwarz-Gelb organisiert den Rollback Deutschlands in der Klimapolitik." Özdemir kritisierte deshalb auch den ersten Auftritt des Umweltministers im Parlament: "Röttgen war so wachsweich, da ist Bundespräsident Köhler radikaler und konkreter."