Mitten in den Berliner Koalitionsverhandlungen wird der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer damit konfrontiert, dass er nach einem angeblichen Versprechen aus dem vergangenen Jahr eigentlich jetzt zurücktreten müsste.

Berlin. Der CSU-Ortsvorsitzende aus dem mittelfränkischen Wieseth, Kurt Taubmann, erinnerte laut "Bild.de" Seehofer in einem offenen Brief an das Versprechen, zurückzutreten, falls er bei der Bundestagswahl weniger als die 43,4 Prozent bei der Landtagswahl 2008 holen sollte. Die CSU hatte sich auf 42,5 Prozent verschlechtert.

Laut dem offenen Brief Taubmanns, über den zuvor auch die "Augsburger Allgemeine" berichtet hatte, sagte Seehofer sinngemäß bei einer Aussprache der Mittelfranken nach dem Landtagswahl-Debakel: "Sie dürfen mich beim Wort nehmen und daran messen: Wenn ich ein schlechteres Ergebnis erziele, als Herr Beckstein bei der Landtagswahl 2008 hatte, so werde ich als Parteivorsitzender und als Ministerpräsident zurücktreten." Taubmann habe dem Ministerpräsidenten und CSU-Chef deshalb nun geschrieben, dass er ihn an sein Wort erinnern wolle. Der CSU-Ortsverein in Wieseth bei Ansbach zählt nach Taubmanns Angaben 21 Mitglieder. Die Arbeit vor Ort sei sehr mühselig geworden, weil die CSU mit ihren Kurswechseln viel Glaubwürdigkeit eingebüßt habe, sagte Taubmann.

Seehofers persönlicher Referent habe geantwortet, dieser habe den Brief "aufmerksam zur Kenntnis genommen". Wegen der laufenden Koalitionsverhandlungen, in denen er sich kraftvoll für bayerische Interessen einsetze, könne er aber leider nicht persönlich antworten.

Zuvor hatte schon der Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission, Alois Glück, eine offene Debatte über den Kurs der Partei und den Führungsstil Seehofers gefordert. Wenn nicht einiges geändert werde, "dann wird wahrscheinlich der Erosionsprozess weitergehen", hatte Glück dem Bayerischen Rundfunk gesagt.