In der Abendblatt-Reihe „Klassenfahrt zu ...“ haben Hamburger Schüler vor der Bundestagswahl die Spitzen von CDU, SPD, FDP, Grünen und Linken interviewt. Hier schildern fünf von ihnen, wie sie den Wahlabend am Fernseher erlebt haben.
Awista Nasiri:
„Die Wahlergebnisse haben mich schon ziemlich geschockt. Niemals hätte ich gedacht, dass die SPD so starke Verluste hinnehmen muss. Hoffentlich bedeutet Schwarz-Gelb kein Desaster für die Sozialpolitik in Deutschland. Mir wäre eine Große Koalition lieber gewesen. Dass Angela Merkel wieder Kanzlerin wird, freut mich aber sehr. Im Interview war sie sehr sympathisch, da sprang auch ein persönlicher Funke über. Ich glaube, das hat im Wahlkampf gefehlt. Sie war sehr sachlich, es fehlte an Leidenschaft und Emotionen. Gestern nach der Wahl hat sie zum ersten Mal richtige Freude gezeigt!“
Sophie Paasche:
„Ich finde, Frank-Walter Steinmeier hat sehr gut auf das schlechte Wahlergebnis reagiert. Er war sehr ehrlich, hat nicht um den heißen Brei geredet, sondern zugegeben dass dies kein großer Tag für die Sozialdemokratie war. Ich glaube, viele Leute haben ihn im Wahlkampf als Persönlichkeit gar nicht richtig wahrgenommen. Inhaltlich fand ich ihn zwar sehr authentisch, aber er hat sich nicht gut auf die jungen Menschen eingestellt. Auch als er uns direkt gegenübersaß, hat er uns nicht wirklich erreichen können. Er blieb viel zu sehr beim Inhalt des Parteiprogramms, obwohl diese persönliche Begegnung eine echte Chance gewesen wäre.“
Anton Börnert:
„Von dem schlechten Ergebnis der SPD war ich geschockt, das ist eine Katastrophe. Guido Westerwelle hingegen hat man gestern richtig angesehen, wie sehr er sich über das gute Ergebnis der FPD gefreut hat. Dass er ein guter Redner ist, haben wir ja bei unserem Interview gemerkt, aber nun muss er zeigen, dass er Verantwortung übernehmen kann. Allerdings muss ich sagen, dass ich einer schwarz-gelben Regierung auch mit gemischten Gefühlen entgegensehe. Zwar finde ich den Wechsel insgesamt gut, aber der Gedanke daran, dass die Laufzeit der Atomkraftwerke nun wohl verlängert wird, ängstigt mich doch ein bisschen."
Kathrin Simon-Kutscher:
„Besonders überrascht hat mich am Wahlergebnis, dass die kleineren Parteien so viele Stimmen gewinnen konnten. Ich glaube, das liegt daran, dass die Union und die SPD sich zu sehr angenähert haben. Die Grünen sind zwar nur fünftstärkste Kraft geworden, aber wenigstens haben sie ein eindeutiges Profil und stehen hinter ihrem Programm, das mehr als nur Umweltschutz ist! Denen glaubt man, dass sie halten, was sie vor der Wahl versprochen haben. Auch Cem Özdemir habe ich im persönlichen Gespräch als sehr authentisch und meinungsstark wahrgenommen. Der hätte sich auch in einer Regierung nicht verbiegen lassen.“
Niels Sahling:
„Dass die SPD so schlecht abschneidet, habe ich nicht erwartet. Die Befürchtung, dass die Linke mit ihren populistischen Positionen erheblich dazugewinnen würde, hatte ich allerdings schon. In unserem persönlichen Gespräch mit Oskar Lafontaine wurde mir aber auch klar, dass die Linke durchaus weiß, dass sie ihre Versprechen nicht bedingungslos halten kann, Stichwort Afghanistan. Ich hatte gehofft, dass auch die Menschen in Deutschland das realisieren würden, aber anscheinend haben sich viele ködern lassen. Die Sozialdemokratie muss sich nun erneuern, dabei möchte ich helfen. Deshalb werde ich jetzt der SPD beitreten.“