Auch wenn Dieter Althaus irgendwie noch da ist, richten sich die Blicke doch allmählich auf Christine Lieberknecht. Die Theologin, die den politischen Aufstieg des Jahres schaffen könnte.
Berlin. Ministerin ist die inzwischen 51-Jährige schon lange. Nach der Wende hat sie in Thüringen zunächst das Kulturressort verwaltet, dann war sie für Europa-, später für Bundesangelegenheiten zuständig. Seit einem guten Jahr ist sie Sozialministerin.
Administrative Erfahrung hat die CDU-Politikerin also reichlich, und in der Partei ist sie auch bestens vernetzt. Schließlich ist Lieberknecht auch mal Kreisvorsitzende im Weimarer Land und Fraktionsvorsitzende im Erfurter Landtag gewesen.
Als Dieter Althaus am 3. September so überraschend einen Rücktritt als thüringischer Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzender erklärte, galt Christine Lieberknecht sofort als mögliche Nachfolgerin für beide Ämter. Aufgrund ihrer Erfahrung, aufgrund ihrer guten Kontakte in die Berliner CDU-Zentrale und, natürlich, aufgrund ihres entschiedenen und gewinnenden Wesens. Rein hierarchisch betrachtet wäre zwar die stellvertretende Ministerpräsidentin und stellvertretende Parteivorsitzende Birgit Diezel "dran", die scheint aber bereit, sich mit dem Parteivorsitz zu begnügen. Jedenfalls hat Diezel sofort Christine Lieberknecht für die Althaus-Nachfolge vorgeschlagen.
Christine Lieberknecht gehört unbestritten zu den politischen Talenten Ostdeutschlands. Dass sie im September 1989 zu den vier Verfassern des "Briefes aus Weimar" gehörte, in dem die Block-CDU aufgefordert wurde, ihr Bündnis mit der SED aufzukündigen, hat ihr vor 20 Jahren den Einstieg in die aktive Politik bereitet. Damals wurde Bundeskanzler Helmut Kohl auf die couragierte Theologin aufmerksam. Gemeinsam mit Angela Merkel holte er sie in den Führungskreis der CDU.
Christine Lieberknecht gilt durchaus als machtbewusst und dennoch als unverbissen. Sie stammt aus dem weltoffenen, bezaubernden kleinen Weimar und hat nach dem Abitur offenbar daran zeitweilig gedacht, Mathematik oder Sprachen zu studieren. Am Ende hat sie sich - der Familientradition folgend - doch für die Theologie entschieden. Wie so viele, die in der Wendezeit ihren Pastorenberuf aufgaben und in die Politik überwechselten. Christine Lieberknecht ist verheiratet, sie hat einen Sohn und eine Tochter.