Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) will in der kommenden Woche über eine Freigabe der bislang gesperrten Verfassungsschutzakten zum Mordfall Siegfried Buback entscheiden.
Hamburg. Damit könnten die Ermittler der noch immer ungeklärten Frage, wer 1977 auf den damaligen Generalbundesanwalt in Karlsruhe geschossen hat, vielleicht ein Stück näher kommen.
Nachdem die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker unter dem Verdacht, an dem Buback-Mord beteiligt gewesen zu sein, verhaftet worden war, hatte die Bundesanwaltschaft auch die Freigabe der Geheimdienstakten am vergangenen Mittwoch beantragt.
Becker hatte nach ihrer Inhaftierung mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet und dafür nach Angaben des Innenministeriums auch Geld erhalten. Bisher hatte Schäuble eine Freigabe der entsprechenden Akten aus Geheimhaltungsgründen verwehrt.
Dazu ist er laut Strafprozessordnung befugt, wenn "das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten" würden. Schäuble sagte der "Heilbronner Stimme" vom Freitag, es erfordere "gründliche Überlegungen", ob die einmal zugesagte Vertraulichkeit aufgegeben werden sollte. Eine erste beantragte Akteneinsicht in einem Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen RAF-Terroristen Stefan Wisniewski im Fall Buback war auch verwehrt worden. Verena Becker soll dem Verfassungsschutz gegenüber Wisniewski als Todesschützen genannt haben. Das im April 2007 gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren war jedoch ein Jahr später wieder eingestellt worden.
Der frühere RAF-Ermittler und Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger dämpfte gegenüber der "Stuttgarter Zeitung" jedoch die Erwartungen an die Öffnung der Akten. "Sicher wird auch Neugierde befriedigt, aber ich glaube im Gegensatz zu Michael Buback nicht, dass sich irgendetwas Sensationelles aus den Akten ableiten lässt", sagte Pflieger. Der Buback-Sohn Michael ist auf der Suche nach dem Mörder seines Vaters immer wieder auf Spuren gestoßen, die auf Verena Becker als Täterin hinweise. Wie das Abendblatt berichtete, ging auch das Bundeskriminalamt (BKA) 1977 schon davon aus, dass Becker die Mörderin Buback sein könnte. Die BKA-Beamten hatten die Zusammenhänge in einem jetzt aufgetauchten Schaubild aufgezeichnet.
So fanden die Fahnder bei Beckers Verhaftung vier Wochen nach dem Buback-Mord bei ihr und ihrem Komplizen Günter Sonnenberg die Tatwaffe und die dazu passenden Patronen. Es gebe schon seit geraumer Zeit Hinweise darauf, dass bei dem Attentat Stefan Wisniewski geschossen habe, sagte nun Pflieger.
Michael Buback habe sich "in etwas verrannt". Seine Behauptungen ließen sich inhaltlich nicht belegen. "Wir kennen keine Fakten, es gibt nur Vermutungen." Pflieger äußerte zudem Zweifel, ob die gefundene DNA-Spur von Becker auf den Briefumschlägen des Bekennerschreibens als Beweismittel ausreicht. "Es gibt lauter Umstände, die auf gut Schwäbisch ein G'schmäckle haben - aber es gibt keinen Beweis."