Deutschland gibt so viel Geld für Kinder aus wie kaum ein anderes OECD-Land, und dennoch geht es den Kindern hierzulande in einigen Bereichen schlechter als Gleichaltrigen in anderen Industriestaaten. So lautet das Ergebnis einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zum Wohlbefinden von Kindern.
Berlin. Demzufolge gibt Deutschland für Kinder zehn bis 20 Prozent mehr für Bildung, Dienstleistungen und direkte Finanztransfers aus als die OECD-Länder im Durchschnitt. Trotzdem lebt fast jedes sechste Kind in relativer Armut, also in einem Haushalt mit weniger als 50 Prozent des deutschen Durchschnittseinkommens. Im Durchschnitt der OECD-Länder lebt jedes achte Kind in relativer Armut. In Dänemark, dem Land mit der geringsten Kinderarmut, sogar nur jedes 37. Kind.
Deutschland investiert viel für seine Kinder, aber das auch an der richtigen Stelle? Etwa 40 Prozent der öffentlichen Mittel für Kinder werden hierzulande unmittelbar an die Eltern gezahlt. Ähnlich hohe Finanztransfers leisten unter den 30 OECD-Ländern lediglich Luxemburg und die Slowakei. In Dänemark, dem Land, in dem die geringste Kinderarmut herrscht, wird lediglich halb so viel, nämlich 20 Prozent der öffentlichen Mittel für Kinder, direkt an die Eltern gezahlt. Dort werden die Finanzmittel für Kinder überwiegend in Bildung und Betreuungsangebote investiert. Monika Queisser, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik der OECD, mahnt deshalb, das Geld nicht nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen. "Deutschland sollte seine Transfers stärker auf bedürftige Kinder und deren Familien konzentrieren. Außerdem sollten Kinderbetreuung und Ganztagsschulen weiter ausgebaut werden."
Der Bedarf an Unterstützung besonders für Bedürftige zeigt sich daran, dass es vor allem alleinerziehende Elternteile sind, die in die relative Armut abrutschen. So liegt die Armutsrate unter Alleinerziehenden in Deutschland bei 40 Prozent, im OECD-Schnitt sind es 30 Prozent. Weitere Defizite fand die OECD beim Thema Bildung. Auch in diesem Bereich gibt Deutschland viel Geld aus, erreicht aber oft nur Unterdurchschnittliches. So entdeckte die OECD große Unterschiede zwischen starken und schwachen Schülern in Deutschland. Bei der Lesekompetenz sei der Abstand zwischen den oberen zehn und den unteren zehn Prozent nur in sieben Ländern größer, darunter Mexiko, USA und Griechenland. "Deutschland sollte mehr für frühkindliche Entwicklung ausgeben. Das lohnt sich", so Queisser.
Doch es gibt auch Positives zu vermelden. So berichtet nur einer von 200 Jugendlichen in Deutschland, dass ihm die notwendige Ausstattung für den Schulbesuch fehlt. Das ist der zweitniedrigste Wert in der OECD. Auch die Sterblichkeit der Kinder liegt deutlich unter dem OECD-Schnitt. Insgesamt zeigt der Bericht deutlich, dass viele finanzielle Hilfen bei der Bekämpfung von Kinderarmut oft wirkungslos bleiben.