Die CDU sollte eine Partei, die mit den Linken koaliert, nicht als Regierungspartner akzeptieren, sagt der FDP-Generalsekretär.

Hamburg. Hamburger Abendblatt:

Herr Niebel, in wie vielen Bundesländern wird die FDP nach den Landtagswahlen am Sonntag regieren?

Dirk Niebel:

In acht, hoffe ich. Wir haben in Sachsen wie in Thüringen und im Saarland eine reelle Chance auf Schwarz-Gelb.

Abendblatt:

Keine Angst vor dem roten Gespenst?

Niebel :

In der Tat ist es beunruhigend, wie in Thüringen und im Saarland konzertiert auf rot-rot-grüne Regierungen hingearbeitet wird. Da kann der Wähler aber ein Stoppzeichen setzen. Es werden sich viele daran erinnern, dass die Thüringer Grünen aus der DDR-Bürgerrechtsbewegung hervorgegangen sind. Es ist eine Kehrtwende der Geschichte, wie sie sich jetzt schamlos an die Kommunisten heranschleimen. Eine grüne Partei, die sich vereinnahmen lässt für rot-rot-grüne Landesregierungen, sollte als Regierungspartner für die CDU nicht akzeptabel sein.

Abendblatt :

Worauf wollen Sie hinaus?

Niebel:

Ich fordere den Hamburger Bürgermeister Ole von Beust auf, die Grünen unverzüglich aus dem Senat zu entlassen, wenn diese Partei in Thüringen oder im Saarland mit der Linkspartei zusammengeht. Es ist nicht vertretbar, dass ein CDU-Politiker ein Bundesland mit Leuten regiert, die die Kommunisten 20 Jahre nach dem Mauerfall wieder in Verantwortung bringen.

Abendblatt:

Glauben Sie ernsthaft, von Beust hört da auf Sie?

Niebel:

Wenn der Bürgermeister die Grünen nicht entlässt, verhält er sich gegenüber den CDU-Ministerpräsidenten Müller und Althaus im höchsten Maße unkollegial. Wenn die Grünen in Thüringen oder im Saarland zu Steigbügelhaltern für Kommunisten werden, kann Herr von Beust nicht zur Tagesordnung übergehen. Dann muss es Neuwahlen in Hamburg geben. Alles andere würde die Union auf Bundesebene dauerhaft unglaubwürdig machen.

Abendblatt:

Der FDP würden Neuwahlen nicht viel nutzen. Sie scheitert in Hamburg ja regelmäßig an der Fünf-Prozent-Hürde.

Niebel:

Bei der Europawahl im Juni haben wir in Hamburg 11 Prozent erreicht.

Abendblatt:

Sie könnten Rot-Rot-Grün verhindern - indem Sie mit SPD und Grünen zusammengehen. Das würde Ihnen das ganze Theater ersparen.

Niebel:

In einer Ampelkoalition könnte die FDP inhaltlich nichts durchsetzen. Wir gefährden doch nicht unsere Glaubwürdigkeit! Ein Bündnis mit SPD und Grünen kommt weder im Saarland, noch in Thüringen oder im Bund in Frage. Wir wollen regieren - aber nicht um jeden Preis.

Abendblatt:

Schließen Sie auch eine Jamaika-Koalition aus?

Niebel:

In Thüringen wird ein Dreierbündnis mit Union und Grünen rechnerisch nicht möglich sein. Im Saarland kann man über eine Jamaika-Koalition reden, falls es für Schwarz-Gelb nicht reicht. Und im Bund haben die Grünen diese Variante schon ausgeschlossen.

Abendblatt:

Wie klar fällt Ihre Koalitionsaussage zugunsten der Union im Bund aus?

Niebel:

Wir alle sagen gebetsmühlenartig: Wir wollen eine Regierung der bürgerlichen Mitte mit der Union bilden. Unser Wahlprogramm passt nicht zu SPD und Grünen. Deutlicher geht es nicht.

Abendblatt:

Ihr Wunschpartner traut Ihnen nicht. Würden Sie schwören, dass Sie nach der Wahl allein mit der Union regieren?

Niebel:

Wie wäre es denn mit der heiligen Inquisition? Wir werden eine Woche vor der Wahl - gerade wegen der vielen kurz entschlossenen Wähler - eine Wahlaussage zugunsten der Union formulieren, die mindestens so deutlich ausfällt wie die der Union. Schauen Sie: Wir regieren mit der Union in fünf großen Bundesländern. Die Union regiert in Hamburg mit den Grünen, im Bund und in vier Ländern mit der SPD. Bei wem muss man sich denn mehr Sorgen machen? Bei den Liberalen, die nur mit der Union regieren? Oder bei der Union, die fast mit jedem regiert? Bei CDU und CSU weiß man nicht, was nach der Wahl passiert. Nur eine starke FDP kann eine große Weiter-so-Koalition verhindern.

Abendblatt:

Die CSU unterstellt der FDP "geistige Windstille". Was treibt Sie überhaupt dazu, mit einer solchen Partei zu regieren? Außer vielleicht Masochismus.

Niebel:

Wir regieren mit der CSU ja in Bayern und haben da sehr viel durchgesetzt. Seit einem Jahr gibt es auch in Bayern Demokratie. Die CSU ist nun dabei, das Wort Koalition buchstabieren zu lernen. Das ist ein schmerzvoller Prozess in der Nach-Stoiber-Ära, der manche Ausfälle der vergangenen Wochen erklärt.

Abendblatt:

Ist es so einfach?

Niebel:

Ich kann an die traditionellen Wähler der Union nur appellieren, jetzt am Sonntag ein Zeichen zu setzen. Je stärker die FDP jetzt wird, desto mehr ist die Unionsführung ermahnt, uns nicht zum strategischen Gegner zu erklären und nicht länger auf diese Art den Weg für eine Fortsetzung der großen Koalition zu ebnen. Ich erwarte, dass sich die Union vor der Bundestagswahl berappelt, klar zu Schwarz-Gelb steht und dieses Projekt nicht noch mal vergeigt.