SPD kritisiert Merkels Einladung: “Nicht statthaft.“ Union: Ablenkungsmanöver in Sachen Ulla Schmidt.
Berlin. "Partysause" für einen Top-Banker oder Meinungsaustausch beim Abendessen: Im Parteienstreit um ein Geburtstagsessen für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im Kanzleramt schlagen SPD und Union schärfere Töne an. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fehlendes Gespür und eine "Grenzüberschreitung" vor. SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs verlangte wie Grüne und Linkspartei Aufklärung. Steffen Kampeter von der CDU nannte die Kritik von Opposition und SPD dagegen scheinheilig: "Die Beschreibung als Sause oder Party ist absurd." Das Essen ist heute Thema im Bundestags-Haushaltsausschuss.
Die Kritik am Ackermann-Essen entzündet sich daran, dass der Banker im April 2008 selbst die etwa 30 Gäste zu dem Abendessen im Kanzleramt aus Anlass seines 60. Geburtstags geladen haben und dieses auf Steuerzahler-Kosten ausgerichtet worden sein soll. Nach Angaben der "Rheinischen Post" kamen zu dem Essen unter anderem die Vorstandschefs Jürgen Hambrecht (BASF), Werner Wenning (Bayer) und Mathias Döpfner (Axel Springer AG), Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme, Trumpf-Manager Berthold Leibinger, Arend Oetker sowie Bankier Friedrich von Metzler. Teilgenommen hätten auch die Konzernerbin Maria-Elisabeth Schaeffler, Friede Springer, der Organisator des Lindauer Nobelpreisträgertreffens, Wolfgang Schürer, sowie der TV-Moderator Frank Elstner.
In einer Erklärung der Bundesregierung hieß es gestern: "Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hat seinen 60. Geburtstag nicht im Kanzleramt gefeiert. Den 60. Geburtstag des Chefs der Deutschen Bank hat die Bundeskanzlerin vielmehr zum Anlass genommen, am Dienstag, dem 22. April 2008, im Kanzleramt ein Abendessen mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft auszurichten." Weitere Details würden grundsätzlich nicht veröffentlicht. Die Regierung verwies auf den Haushaltstitel 52901 ("Außergewöhnlicher Aufwand aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen"). Danach stehen der Bundeskanzlerin pro Jahr 340 000 Euro für Anlässe wie diesen "zur Verfügung".
Während der Hamburger SPD-Politiker Johannes Kahrs meinte, das Kanzleramt sei "kaum der richtige Ort, um Events der sogenannten High Society zu veranstalten", erklärte EU-Industriekommissar Günter Verheugen, ebenfalls SPD, gegenüber dem Abendblatt: "Ich halte die ganze Debatte für peinlich. Erstens hat die Bundeskanzlerin das Recht, einzuladen, wen sie einladen will. Und zweitens verstehe ich, warum sie Herrn Ackermann mit einer Einladung ehren wollte." Der CDU-Haushaltspolitiker Steffen Kampeter warf der SPD vor, sie wolle davon ablenken, dass im Ausschuss als Erstes die Dienstwagen-Nutzung der Gesundheitsministerin behandelt werde, wofür nach Abendblatt-Informationen eineinhalb Stunden angesetzt sind. Schmidt hat eingeräumt, in ihren sechs Spanien-Urlauben seit 2004 immer ihre Dienstlimousine benutzt zu haben. Jedoch hat sie die 5000 Kilometer Hin- und Rückfahrt ihres Fahrers im Auto nur dieses Jahr privat abgerechnet, in den Jahren zuvor immer dienstlich.
Abgesehen vom Abendessen und der Dienstwagenaffäre steht auch noch der Einsatz externer Berater und Kanzleien für Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) auf dem Programm. Sie sollen angeblich einen kompletten Gesetzentwurf für das Ministerium erarbeitet haben. Ulla Schmidt und Guttenberg werden selbst erscheinen. Die Kanzlerin vertritt der Staatsminister im Kanzleramt, Hermann Gröhe (CDU).