Guido Westerwelle ist gar nicht erst hingegangen - zur Premiere von Hape Kerkelings Film “Isch kandidiere“. Ob er sich gegrämt hat, weil die “Horst-Schlämmer-Partei“ in einer Umfrage auf Anhieb 18 Prozent erreichte, wo er doch vor Jahren mit seinem Spaßwahlkampf diese Latte glatt gerissen hat, wissen wir nicht. Vielleicht ist er auch nur schlauer geworden.
Im Ernst: Der Wirbel um Horst Schlämmer ist das bislang wohl Aufregendste an diesem Wahlkampf - einem Wahlkampf, der in der Talsohle der tiefsten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland stattfindet, wobei aber nicht einmal die Hälfte der Bürger weiß, dass am 27. September der Urnengang tatsächlich stattfindet.
Wollen die Menschen keine Antworten darauf, wie es nach dem Wahltag weitergeht, wie sicher ihre Arbeitsplätze sind, wie lange deutsche Soldaten noch in Afghanistan kämpfen und wie hoch der Blutzoll werden kann? Haben die Berliner Beruhigungspillen von Abwrackprämie über Kurzarbeitergeld und Rentnergeschenke das politische Interesse so zielgenau auf den 27. September ruhiggestellt?
So gesehen wirft der Erfolg von Hape Kerkeling auch ein grelles Schlaglicht auf einen Tiefpunkt der politischen Kultur in Deutschland. Selbst vor einer Bundestagswahl gelingt es den Parteien nicht, den Bürger für ihre politischen Ziele zu interessieren.
Millionen verfolgen regelmäßig die Politik-Talkshows im TV, bei den Wills und Illners dieser Republik. Aber ihnen geht es dabei nicht, wie Kommunikationswissenschaftler herausgefunden haben wollen, um die politischen Inhalte. Sie genießen den Schlagabtausch der Politiker - den TV-Event. Man schaut zu, weil auch andere es tun. Eine Bundestagswahl à la Schlämmer wäre dann so etwas wie eine Fanmeile bei der Fußball-WM. Schlämmer ginge es dann wirklich nicht ...