Russland und Deutschland vereinbaren in München enge Zusammenarbeit. Regierungschefs wollen Einstieg des Magna-Konsortiums bei Opel voranbringen. Siemens wird jährlich 100 Lokomotiven in Jekaterinburg bauen.

Oberschleißheim. Der russische Präsident Dimitri Medwedew war sichtlich beeindruckt von dem barocken Schloss Schleißheim bei München und machte trotz der drängenden Finanz- und Wirtschaftsprobleme, die er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern zu besprechen hatte, einen entspannten Eindruck. Offenbar schmeichelte ihm der Empfang vor der pompösen Kulisse, wo er in strahlendem Sonnenschein mit Kanzlerin Merkel die Ehrenformation abschritt. Bei den 11. deutsch-russischen Regierungsgesprächen ging es um die Zukunft von Opel, der Wadan-Werft in Rostock und Wismar sowie viele Verträge und viel Geld.

Überschattet wurden sie von dem Mord an der russischen Menschenrechtsaktivistin Natalja Estemirowa. Das sei ein "nicht hinnehmbares Ereignis", sagte Merkel. Medwedew versprach: "Dieses Verbrechen wird aufs Gründlichste untersucht." Die Täter würden bestraft.

Nichts anderes trübte ansonsten die Gespräche, die Medwedew und Merkel auch unter vier Augen führten. Mitten in der Krise machten beide Regierungschefs deutlich, dass ihnen an einem Ausbau der Partnerschaft gelegen ist. Deutschland ist Russlands wichtigster Handelspartner. "Wir sind hier auf einem sehr guten Wege", sagte Merkel. "Es sind nicht nur Worte, sondern es folgen auch Taten."

Merkel setzt weiter auf einen Einstieg des Magna-Konsortiums bei Opel. "Magna bietet ausgezeichnete Ansatzpunkte", sagte die Kanzlerin. Diese Lösung würde zum einen Opel Chancen eröffnen und andererseits auch eine strategische Kooperation mit Russland ermöglichen. Partner des österreichisch-kanadischen Zulieferers Magna bei den Opel-Plänen ist die russische Sberbank. Merkel räumte aber ein, dass es noch "etliche Fragen zu klären" gebe. Auch Medwedew sicherte seine Unterstützung zu. Staatliche Hilfe für die Wadan-Werften blieb offen.

Folgende Vereinbarungen erzielten beide Regierungschefs:

Wirtschaft: Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport beteiligt sich am Ausbau des Airports in St. Petersburg. Siemens wird in Jekaterinburg jährlich 100 Lokomotiven bauen. Die Deutsche Bahn und die Russische Bahn gründen ein Zentrum für Logistik an der Universität St. Petersburg.

Gaslieferung: Deutschland und Russland werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Bau der Ostsee-Pipeline Nordstream voranzutreiben. Es werde alles getan, um die nötigen Genehmigungen zu erreichen, sagte Merkel. In Finnland sei man in diesen Fragen bereits vorangekommen, mit Schweden müsse man weitersehen. Anrainerstaaten der Ostsee müssen teilweise dem Bau der Pipeline zustimmen.

Kriminalität: Beide Länder wollen den Kampf gegen organisierte Kriminalität intensivieren und gemeinsam gegen Terror, Internet-Kriminalität und bei der Drogenbekämpfung in Afghanistan vorgehen.

Exporte: Mit einem Kredit von einer halben Milliarde Euro will die KfW Ipex-Bank, die zur staatlichen KfW-Bankengruppe gehört, einen Ausfall deutscher Exporte verhindern.

Klimaschutz: Beide Seiten vereinbarten eine Zusammenarbeit im Energiebereich und besiegelten die Gründung der russisch-deutschen Energieagentur Rudea. Sie soll die effizientere Nutzung von Energie in Russland voranbringen. Gesellschafter von Rudea sind die Deutsche Energieagentur (Denn) und der Energy Carson Fund, ein Tochterunternehmen des russischen Stromversorgers RAO EES Rossini.

Kultur: Deutschland gab sechs barocke Schmuckelemente an Russland zurück, die im Zweiten Weltkrieg illegal nach Deutschland gebracht worden waren.