Größter Kredit in der Geschichte der Bundesrepublik. Steuererhöhungen nach der Wahl?
Berlin. Im Kampf gegen die schwere Rezession hat die Bundesregierung gestern den größten Schuldenhaushalt in der Geschichte der Bundesrepublik beschlossen. Im Etat 2010 steigt die Neuverschuldung auf 86,1 Milliarden Euro - ein Plus von rund 40 Milliarden Euro gegenüber dem laufenden Haushalt. Die Rekordverschuldung schürte zugleich die Furcht vor Steuererhöhungen nach der Bundestagswahl.
Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, die Kredite seien zwingend erforderlich, weil Sparen die Krise nur verschärfe. Die Maastricht-Defizitgrenze des Euro-Stabilitätspakts von drei Prozent wird Deutschland in den kommenden beiden Jahren deutlich verfehlen. Laut Ministerium dürfte das Defizit 2009 rund vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen und 2010 knapp sechs Prozent. Frühestens 2013 soll die Lücke demnach wieder weniger als drei Prozent betragen.
Steinbrück verzichtete bewusst auf konkrete Vorschläge, wie in der kommenden Wahlperiode die Rekordneuverschuldung wieder abgebaut werden kann. Auf die Frage, ob er Steuererhöhungen ausschließe, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende: "Ich treffe keine Aussage dazu. Ich schließe alles ein, und ich schließe alles aus." Angesichts des nun beginnenden Wahlkampfs wäre es "bekloppt", Hinweise auf Steuererhöhungen zu geben.
Scharf kritisierte Steinbrück die Ankündigungen von Union und FDP, in der nächsten Legislaturperiode Steuersenkungen durchführen zu wollen. Solche Versprechungen seien äußerst waghalsig, weil allein der Bund bis 2013 Steuerausfälle von 152 Milliarden Euro verkraften müsse.
Auch führende Wirtschaftswissenschaftler wie der Hamburger Karl-Werner Hansmann bezweifeln, dass der ab 2011 erwartete Konjunkturaufschwung ausreichen wird, um die von der Union angekündigte Einkommenssteuersenkung seriös gegenzufinanzieren. "Deshalb will Angela Merkel ja auch keine Daten für Steuersenkungen im Unionswahlprogramm festschreiben", sagte Hansmann dem Abendblatt.
Der Haushaltsplan soll Anfang September in erster Lesung vom Bundestag beraten werden. Nach der Wahl wird dann die neue Regierung das Zahlenwerk im parlamentarischen Verfahren überarbeiten.