Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg sagt im Abendblatt: Wir dürfen nicht Schlusslicht in Europa sein.

Hamburg. Am Wochenende ist in der Union der Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewachsen, der Konjunkturkrise mit raschen Steuersenkungen zu begegnen. Vor allem die CSU machte Merkel weiter Feuer. Der neue Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg sagte dem Hamburger Abendblatt: "Deutschland kann es sich nicht leisten, bei Steuersenkungen Schlusslicht in Europa zu sein. Deshalb ist es unerlässlich, dass wir Senkungen bei der Einkommenssteuer vor allem für Normalverdiener und für Familien entschlossen in Angriff nehmen. Wir wollen mit der CDU unmittelbar nach ihrem Parteitagsbeschluss einen konkreten Zeitplan verabreden, wann wir welche Steuersenkungen noch in der Großen Koalition durchsetzen." Deutschland müsse "anerkennen, dass die Briten wie schon bei der Finanzkrise jetzt auch bei der Ankurbelung der Wirtschaft entschlossener handeln", so Guttenberg in Anspielung auf die Pläne des britischen Premiers Gordon Brown (siehe Bericht auf dieser Seite).

CSU-Chef Horst Seehofer forderte in der "Bild am Sonntag", Steuersenkungen noch vor der Bundestagswahl umzusetzen, gerade weil die CDU diese in der Vergangenheit so vehement abgelehnt habe. Zuvor hatte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) auf eine Analyse seines Ministeriums verwiesen, wonach sich die globale wirtschaftliche Lage dramatisch zuspitzt. "Wir stehen vor einer Rezession der Weltwirtschaft, wie wir sie in Tiefe und Breite seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben", sagte er dem "Spiegel" - und forderte zusätzliche Steuersenkungen schon für 2009 und nicht erst 2010, wie von Merkel geplant.

Sowohl Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) als auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) gingen auf Distanz. "Ein weiteres Impuls- oder Wachstumsprogramm kommt derzeit nicht infrage", sagte de Maizière dem "Focus". Steinbrück sagte dem "Tagesspiegel", er sei es leid, "wie in einem Rattenrennen" ständig Forderungen entgegennehmen zu müssen.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla warnte, Steuersenkungen noch vor der Wahl würden vor allem an der SPD scheitern. "Das sollte jeder bedenken, der schon jetzt nach Steuersenkungen ruft", so Pofalla in der "Financial Times Deutschland". Grundsätzlich wolle die CDU aber erreichen, dass die Arbeitnehmer bei Lohnerhöhungen nicht länger fast automatisch in eine höhere Steuerklasse rutschen. Außerdem solle beim Parteitag die Einführung eines Familiensplittings beschlossen werden.

Doch auch in der CDU wächst die Unterstützung für die Forderung der Schwesterpartei, solche Maßnahmen sofort anzugehen. "Je eher es zu spürbaren Steuersenkungen kommt, desto besser kann die Rezession bekämpft werden. Steuersenkungen sind viel sinnvoller als die derzeit diskutierten Hilfen für einzelne Unternehmen wie Opel. Es nützt gar nichts, einer angeschlagenen Firma zu helfen, wenn im ganzen Land Konsumflaute herrscht", sagte Otto Bernhardt, finanzpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, dem Abendblatt. Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Union im Bundestag, Michael Fuchs, schlug vor, Steuerentlastungen für 2009 noch kommende Woche in die Beratungen zum Jahressteuergesetz einfließen zu lassen.