Bei der Erbschaftssteuer hat die Große Koalition gerade noch einmal die Kurve gekriegt. Doch durch den Kompromiss bei Freibeträgen, Haltefristen und...

Hamburg/Berlin. Bei der Erbschaftssteuer hat die Große Koalition gerade noch einmal die Kurve gekriegt. Doch durch den Kompromiss bei Freibeträgen, Haltefristen und Verwandtschaftsverhältnissen wurden Sieger und Verlierer produziert. Und für einen Machtwechsel nach der Bundestagswahl 2009 kündigte der neue CSU-Chef Horst Seehofer gestern eine weitere Reform an. "Hier ist Föderalismus in der mittel- und langfristigen Betrachtung notwendig", sagte Seehofer.

Mehr als 170 Familienunternehmer kritisierten die geplante Neuregelung. Nach außen werde nahegelegt, dass Familienunternehmer komplett von der Erbschaftssteuer befreit werden könnten. "Diese Entlastung ist aber an Bedingungen geknüpft, durch die viele Unternehmen ausgeschlossen werden", hieß es in einer Erklärung. Sie wurde bei dem jährlichen Kongress der Stiftung Familienunternehmen in Baden-Baden von Unternehmen wie Merck, Conrad, Niederegger und Sixt unterzeichnet.

Gewinner: Beim Erben profitieren werden Ehepartner und eingetragene gleichgeschlechtliche Partner. Selbst genutztes Wohneigentum können sie steuerfrei erben, unabhängig vom Wert der Immobilie. Auf die verbleibende Erbschaft erhalten sie einen Freibetrag von 500 000 Euro. Aber: Zehn Jahre müssen Witwe oder Witwer im geerbten Haus wohnen bleiben. Erben die Kinder Haus oder Wohnung, zahlen sie künftig keine Erbschaftssteuer mehr, wenn sie dort einziehen. Bei Immobilien mit mehr als 200 Quadratmetern fallen anteilig Steuern an, wenn der Freibetrag (400 000 Euro) erschöpft ist.

Verlierer: Geschwister, Nichten und Neffen - oft die einzigen Überlebenden - sind schlechter gestellt. Der Experte Prof. Klaus Michael Groll, Präsident des Forums für Erbrecht, empört sich: "Es kann nicht sein, dass eine Nichte, die vom Onkel eine Immobilie im Wert von 600 000 Euro erbt, hierfür 174 000 Euro Erbschaftssteuer zahlen muss."

Groll warnt, dass wegen der komplizierten Regelungen die Finanzämter und die Unternehmenserben überfordert sein werden. Er prognostiziert eine "ungeahnte Prozesswelle". Die Deutsche Vereinigung für Erbrecht empfiehlt Unternehmern, schon zu Lebzeiten an eine Übertragung zu denken. Bei Adoptionen müsse man vorsichtig sein. Richter könnten sie ablehnen, wenn dadurch offensichtlich "Steuerhinterziehung" gefördert würde.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat einen Erbschaftssteuerrechner für Firmen und Privatleute vorgelegt. Damit lässt sich die Reform leichter durchschauen.


Zum Rechner für die neuen Regeln zum Erben für Privatleute und Firmen kommen Sie über www.abendblatt.de/erben