“Spezialist gesucht“ heißt es in der auffälligen Stellenanzeige einer großen Krankenversicherung. Ob Mathematiker, Volkswirtschaftler, Mediziner -...

Hamburg. "Spezialist gesucht" heißt es in der auffälligen Stellenanzeige einer großen Krankenversicherung. Ob Mathematiker, Volkswirtschaftler, Mediziner - egal, was er bisher getan hat. Hauptsache, demnächst findet der Spezialist die richtigen Kranken in der Kartei der Kasse mit den Millionen Versicherten, den Milliarden an Krankendaten. Alle gesetzlichen Krankenkassen rempeln derzeit darum, aus dem Gesundheitsfonds mit 166 Milliarden Euro an Beiträgen möglichst viel Geld zu bekommen. "Jetzt geht es um die Jagd nach Kranken", sagte der Bremer Professor Gerd Glaeske.

Er ist Sachverständiger der Bundesregierung für das Gesundheitswesen. Und Glaeske leitete den Beirat, der für das Bundesversicherungsamt den neuen krankheitsbezogenen Finanzausgleich zwischen den Kassen ("Morbi-RSA") ausgearbeitet hat. Glaeske: "Eine Krankenkasse weiß jetzt: Je mehr Kranke ich aus einer bestimmten Gruppe wie Bluthochdruckpatienten oder Depressive habe, desto mehr Geld kann ich aus dem Topf bekommen."

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt versicherte im Deutschlandfunk, dass auch die Finanzkrise den Fonds nicht bedrohe. Trete im Jahr 2010 eine Unterfinanzierung auf, müsse die Regierung entscheiden, was zu tun sei: ob ein Sparpaket, höhere Beiträge oder ein größerer Steuerzuschuss nötig seien.

Einer der Verfechter des Fonds, der Hamburger Gesundheitssenator Dietrich Wersich (CDU), sprach sich für einen deutlich höheren Steuerzuschuss in das Gesundheitssystem aus. "Das ist am Ende auch gerechter", sagte Wersich dem Abendblatt. Der Fonds dient der Union und der SPD als Basis, um bei neuen Mehrheitsverhältnissen nach der Bundestagswahl 2009 ihre gesundheitspolitischen Vorstellungen durchzusetzen - ob Bürgerversicherung oder Kopfpauschalen.