Scharfe Kritik am Ministerium: Es werden Fakten verschwiegen.
Hamburg. In einer bundesweit einmaligen Aktion haben sich Hamburger Ärzte, Apotheker und Patientenvertreter gegen die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für alle Krankenversicherten ausgesprochen. Die Kritik der ungewöhnlichen Koalition richtet sich gegen die mutmaßlich geringe Sicherheit, die sensible Gesundheitsdaten auf zentralen Servern hätten, sowie gegen die Praxistauglichkeit der Karte. Von der e-Card, die im ersten Quartal 2009 in Hamburg eingeführt werden soll, verspricht sich die Bundesregierung Kostensenkungen im Gesundheitswesen und eine effektivere medizinische Versorgung.
"Die Karte ist unausgegoren, praxisfern und funktioniert einfach nicht", sagte Rainer Töbing, Präsident der Apothekerkammer Hamburg. In den Testregionen müsse "an jedem dritten Tag ein Techniker aufkreuzen, weil das Lesegerät nicht funktioniert". Töbing sagte, dass die geringe Speicherkapazität der Karte dazu führen könne, dass ältere Menschen mit vielen Rezepten und verschiedenen Medikamenten mehrere Karten mit verschiedenen sechsstelligen Pin-Nummern handhaben müssten.
Der Vorstandschef der Kassenzahnärzte, Eric Banthien, sagte: "Wir werden nicht mehr Zähne reparieren, sondern an der Anmeldung stehen und das Lesegerät bedienen." Die Ärzte müssen ihren Heilberufeausweis mit den Patientenkarten in ein Lesegerät stecken, um eine Verbindung zu den Daten herzustellen. Aus rechtlichen Gründen dürfen sie ihren Ausweis nicht in andere Hände geben, aber auch von vergesslichen Patienten nicht die Pin-Nummern speichern.
Der Verbraucherschützer und Patientenvertreter Christoph Kranich warf dem Gesundheitsministerium vor, wichtige Fakten zur Karte zu verschweigen. "Es werden Gesundheitsdaten zentral gespeichert. Und weil man diese Daten hacken kann, werden unsere Politiker die e-Card sicher nicht nutzen. Sonst könnte man in Erfahrung bringen, welche Krankheiten ein Minister hat." Er rufe nicht dazu auf, den Krankenkassen ein Passfoto für die neue Karte zu verweigern. "Aber wer keins schickt, hat nichts zu befürchten."
Dass es gelungen sei, die bislang freiwilligen Möglichkeiten der Karte wie etwa die elektronische Patientenakte innerhalb weniger Stunden zu knacken, sagte Dieter Bollmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung.