Stoiber will Streit vor Koalitionsausschuss bringen. Schäuble selbst spricht von Missverständnissen.

BERLIN. Der Streit über immer neue Sicherheitsvorschläge von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) belastet zunehmend die Große Koalition. Die SPD-Führung begrüßte gestern die "klaren Worte" von Bundespräsident Horst Köhler. SPD-Fraktionschef Peter Struck bezeichnete die Vorstöße Schäubles als "Angriffe auf den Rechtsstaat". Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach verteidigte Schäuble und hielt der SPD eine Blockadehaltung vor. Bayerns scheidender Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) will den Streit zum Thema im Koalitionsausschuss machen.

Köhler hatte im ZDF die rasche Folge von immer neuen Vorschlägen zur Terror-Abwehr als nicht optimal gerügt und Schäuble zu Sensibilität und Augenmaß ermahnt. Nach der Kritik versuchte Schäuble die Wogen zu glätten und sprach von Missverständnissen und Fehlinterpretationen. Er habe keine gesetzliche Regelung vorgeschlagen, Terrorverdächtige zu töten.

Das Bundesjustizministerium reagierte auf die neuesten Vorschläge verwundert. Schäuble will den Strafparagrafen 129 (kriminelle und terroristische Vereinigungen) ergänzen und bestimmte Handlungen vor möglichen Anschlägen bestrafen. Das Justizministerium verwies auf seine Zuständigkeit für Änderungen des Strafgesetzbuchs. Vor dem Hintergrund der neuen terroristischen Bedrohung wird der Paragraf 129 bereits überprüft. Im Justizministerium wies man aber auf die Schwierigkeiten hin, bestimmte Handlungen unter Strafe zu stellen, die möglicherweise in einen Anschlag münden könnten.

Nach der Intervention Köhlers sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, er hätte sich diese klaren Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewünscht. Auch wenn Schäuble jetzt zurückrudere, blieben die "für einen Verfassungsminister unglaublichen Äußerungen" in der Welt bestehen.

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz nannte Schäuble in der "Frankfurter Rundschau" "eine große Belastung für die Koalition". Auch Unions-Fraktionsvize Bosbach sagte der Zeitung, der Streit über die innere Sicherheit könne zu einer ernsthaften Koalitionskrise werden.