Berlin. Rente und Reform - von den Zauberworten der deutschen Sozialpolitik scheint Herbert Rische nicht genug zu kriegen: Kaum ist der Rentenbeitrag auf 19,9 Prozent erhöht worden und die Tinte unter dem schmerzhaften Beschluss der Rente mit 67 und die Tränen junger Generationen getrocknet. Jetzt treibt der Präsident der Deutschen Rentenversicherung seine Behörde und die Politik zur nächsten Etappe an: die Verpflichtung für Selbstständige, in die Rentenkassen zu zahlen.
Im Grunde ist dies ein alter Vorschlag aus der Wiedervorlagen-Mappe. Riesche will, dass die Selbstständigen wie die Angestellten in die allgemeine Ruhestandskasse einzahlen. "Ich sehe dafür eine breite Front aller, die sich mit dem Thema beschäftigen." Die "Erwerbstätigenversicherung" sei aber erst ein Thema für die nächste Legislaturperiode nach 2009. Auch die Wirtschaftsweisen hätten in der Vergangenheit genügend Argumente genannt, die Selbstständigen in das gesetzliche Rentensystem einzubeziehen.
Vorbilder gibt es in Belgien, Großbritannien, Spanien, Frankreich, Italien und weiteren Ländern. In Dänemark, den Niederlanden, in Schweden, der Schweiz und in Finnland gebe es sogar "Volksversicherungen". Risches Hauptargument sind die "Patchwork-Biografien". Viele arbeiten mal angestellt, mal selbstständig. Das hat zwei Folgen. Der Einzelne muss um seine Versorgung im Ruhestand und Altersarmut fürchten. Außerdem fehlt der Rentenkasse sein Geld aus den Beiträgen. Woraus soll die wachsende Zahl der Rentner ihre Leistungen künftig beziehen?
Rische deutete an, dass auch die Bundesagentur für Arbeit die Rentenbeiträge für Empfänger von Arbeitslosengeld II erhöhen müsse, um der Altersarmut vorzubeugen. Derzeit erhalten diese Menschen für ein Jahr Arbeitslosigkeit eine Rentenanwartschaft von etwas über zwei Euro - ein Zehntel von dem, was für Empfänger von Arbeitslosengeld I überwiesen wird.
Die Rente mit 67 erfordert laut Rentenversicherung auch ein Umdenken bei denen, die in fortgeschrittenem Alter nur eingeschränkt arbeiten können. "Es wird in Zukunft eine Selbstverständlichkeit sein müssen", so Rische, "dass ein gesundheitlich beeinträchtigter 60- oder 62-Jähriger keinen Rentenantrag stellt, sondern eine Reha-Maßnahme durchläuft." Damit er fit bleibt für die Arbeit bis 67.