EINWANDERUNG Der Innenminister muss sich herbe Kritik gefallen lassen - vor allem aus den eigenen Reihen.
Berlin/Seoul. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat mit seinen Äußerungen zur "Assimilierung" von Ausländern die Einwanderungsdebatte erneut angeheizt. Und er muss vor allen Dingen aus den eigenen Reihen harte Kritik einstecken. Der Grünen-Innenpolitiker Cem Özdemir sagte am Freitag in Berlin, der negativ behaftete Begriff erwecke den Eindruck einer "Leitkultur-Debatte auf sozialdemokratisch". SPD-Generalsekretär Franz Müntefering hat vor "problematischen Begriffen" in der Diskussion gewarnt. Bei der Eingliederung von Migranten in die Gesellschaft müsse es beim Begriff "Integration" bleiben. Schily hatte in der "Süddeutschen Zeitung" Assimilierung als die beste Form der Integration von Ausländern bezeichnet. Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "ähnlich machen" oder "Angleichung". Ausländer sollten sich in die deutsche Kultur und Sprache hineinleben. "Dabei verändern sich dann natürlich mehr oder weniger sachte auch die hiesigen Lebensverhältnisse." Der Minister sprach sich außerdem gegen eine Förderung der Muttersprache und gegen die Aufnahme des Minderheitenschutzes in die Verfassung aus. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Hakki Keskin, warf Schily daraufhin die "Germanisierung" kultureller Minderheiten vor. "Schilys Vorstellungen widersprechen nicht nur gänzlich den bisherigen Positionen der SPD über die Integrationspolitik, sie übertreffen vielmehr die Diskussion mancher Unionspolitiker über die so genannte ,Leitkultur", sagte Keskin. Die Assimilierung, von der Schily spreche, dürfe "nicht die Beseitigung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt bedeuten". Auch Özdemir hält die Äußerungen von Innenminister Otto Schily (SPD) zur "Assimilierung" von Zuwanderern für verfehlt. Der Begriff impliziere, dass eine Minderheit ihre Eigenheiten zu Gunsten einer Mehrheit aufgeben müsse. Wichtig sei, dass Migranten unabhängig von Religion, Sprache, Kleidung, Essgewohnheit und Hautfarbe Teil der Gesellschaft und deutsche Staatsbürger werden können. Zuwanderer müssten "einbringen können, was sie wollen". Er plädierte für eine Bindestrich-Identität" nach US-amerikanischem Vorbild, die Aufschluss über kulturellen Hintergrund und Staatsangehörigkeit gebe. Als Beispiel nannte er die Bezeichnung "Italo-Amerikaner". Bundespräsident Johannes Rau setzt nach seiner Unterschrift unter das Zuwanderungsgesetz am 20. Juni jetzt auf eine verantwortungsvolle Auseinandersetzung im Bundestags-Wahlkampf. "Ich hoffe, dass das Thema selber im Wahlkampf eine wichtige Rolle spielt und dass es sensibel gehandhabt wird", sagte Rau in Seoul während eines Staatsbesuchs in Südkorea. FDP-Chef Guido Westerwelle verlangte von Ausländern als Voraussetzung für die Einbürgerung, die deutsche Sprache zu erlernen. Das Zuwanderungsgesetz, das am 1. Januar in Kraft treten soll, müsse entsprechend geändert werden, sagte er im RTL-Fernsehen. Als Folge des Gesetzes rechnet die Bundesausländerbeauftragte Marieluise Beck (Grüne) im kommenden Jahr mit nicht mehr als 20 000 Ausländern, die neu auf den Arbeitsmarkt kommen: "Bei 82 Millionen Einwohnern können wir mit Zuwanderung ganz gelassen umgehen." Behauptungen der Union, mit dem Zuwanderungsgesetz werde es zu einer massiven Ausweitung der Einwanderung kommen, wies sie zurück.