Berlin. Der Jurist Peter Strieder, hat ein Berliner Grüner mal gesagt, habe im politischen Postengeschacher die John-Wayne-Methode entwickelt, und die funktioniere so: Hinten auf den fahrenden Zug aufspringen und sich auf den Waggondächern so lange nach vorn arbeiten, bis man im Führerhaus angekommen ist. Um im Bild zu bleiben: Diesen Weg hat sich Strieder, wenn nötig, sogar freigeschossen. Mal fiel ein Bausenator vom Dach, mal die Parteifreundin, die für das Finanzressort zuständig war. Gestern ist Strieder selbst abgestürzt.
Es war zwölf Uhr mittags, also High Noon, als der 51-Jährige seine Ämter niederlegte. Den Posten als Senator für Stadtentwicklung und den Vorsitz des Berliner SPD-Landesverbandes auch. Es war ein überfälliger Rücktritt. Am vergangenen Freitag hatte der Bundestag Strieders Immunität aufgehoben, die der gebürtige Nürnberger in seiner Funktion als Wahlmann für die bevorstehende Bundespräsidentenwahl genoss. Als die Oppositionsparteien des Berliner Abgeordnetenhauses in diesem Zusammenhang Rücktrittsforderungen erhoben, beschwerte sich Strieder über die "Vorverurteilung". Gestern erklärte er trotzig, sein Rücktritt sei kein Schuldeingeständnis, sondern eine Notwendigkeit, um Schaden von Berlin abzuwenden.
Strieder war durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Sachen Tempodrom zunehmend unter Druck geraten. Er und Finanzsenator Thilo Sarrazin (ebenfalls SPD) stehen unter dem Verdacht der Untreue, weil sie Millionenzuschüsse an das private Veranstaltungszentrum in Berlin-Kreuzberg bewilligten, ohne die Genehmigung des Parlaments eingeholt zu haben. Strieder wird außerdem Vorteilsnahme vorgeworfen: Ein Unternehmer, der gerade von einer Zuwendung des SPD-geführten rot-roten Senats für das Tempodrom profitiert hatte, spendierte Strieders Partei nach der Landtagswahl im Oktober 2001 ein teures Büffet.
Nachfolgerin des Stadtentwicklungssenators Strieder soll nun seine bisherige Staatssekretärin Ingeborg Junge-Reyer werden. Parteivorsitzer soll der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller werden. Klaus Wowereit wollte das Amt nicht übernehmen. Er halte nichts davon, sagte der Regierende Bürgermeister, wenn eine Person Regierung und Partei führe.
Die Genossen werden Peter Strieder nicht viele Tränen nachweinen. Die Selbstgerechtigkeit, mit der der seit Januar 1999 amtierende Landesvorsitzende über jede Kritik hinwegging, die nassforsche Art, mit der er seine Affären handhabte (Strieder trennte sich im Sommer 2002 nur höchst widerwillig von den lukrativen Fonds-Anteilen, die die Berliner Bankgesellschaft in den Ruin stürzten), hat Strieder viel Feindschaft eingebracht.