Mehr Geld für das zivile Engagement in Afghanistan, mehr Geld auch für eine bessere materielle Ausstattung der dort eingesetzten Bundeswehr-Soldaten...
Hamburg. Mehr Geld für das zivile Engagement in Afghanistan, mehr Geld auch für eine bessere materielle Ausstattung der dort eingesetzten Bundeswehr-Soldaten aber keine weitere personelle Aufstockung des deutschen Einsatzkontingents - das sind die Forderungen von Ulrich Kirsch an die Politik. Der Chef des Bundeswehrverbands sieht Mängel in der Ausstattung der deutschen Soldaten und ein gravierendes Ungleichgewicht im militärischen und zivilen Engagement, hat aber keinen Zweifel an der Richtigkeit des Afghanistan-Einsatzes selber.
Die Antwort auf die strategische Überlegung "voll rein oder voll raus?" ist für Kirsch klar: "Voll rein. Eine Alternative zu diesem Einsatz gibt es nicht. Afghanistan ist ein Lackmustest für die Nato", sagte der 57-jährige Oberstleutnant gestern dem Hamburger Abendblatt. "Was der amerikanische Präsident artikuliert hat, gibt der ganzen Sache einen Schub. Barack Obama lehnt sich im Prinzip an das an, was die Europäer und insbesondere die Deutschen mit dem vernetzten Ansatz schon lange tun."
Die Überlegung, jetzt auch auf die Karte Entwicklungspolitik zu setzen, sei der richtige Ansatz. "Da muss viel mehr Geld in die Hand genommen werden", fordert Kirsch. "In der gesamten Nato gibt es in Afghanistan ein Ungleichgewicht, was das finanzielle Engagement anbelangt im Verhältnis zwischen dem militärischen und dem zivilen Bereich, das muss bereinigt werden. Es muss mehr für den zivilen Bereich getan werden; es muss eine Balance entstehen." Derzeit müssten 20 Prozent der Lasten von Soldaten geschultert werden und 80 Prozent von anderen.
"Wir müssen die afghanische Armee und Polizei möglichst schnell so weit bringen, dass sie die Problem selber lösen können. Aber das bedeutet für die Bundesrepublik Deutschland und für die Bundeswehr keine Änderungen, denn wir haben die Mandatsgrenze gerade auf 4500 Soldaten hochgezogen. Mehr können wir auch nicht leisten. Das wird auch die Bundeskanzlerin auf dem Nato-Gipfel deutlich machen: Die Bundesrepublik kann in dem Bereich nicht mehr leisten. Wir sind bereits der drittgrößte Truppensteller. Wir haben jetzt erst einmal alles getan. Bei uns ist personell jetzt Schicht."
Und die Bundeswehr habe im Norden Afghanistans genug zu tun; "die Sicherheitslage hat sich ja auch dort nicht zum Positiven entwickelt, um Kundus herum ist die Lage alles andere als sicher. Wir haben den Norden, so weit es möglich ist, zwar im Griff. Aber der Norden war noch nie ruhig und sicher, der ist immer nur sichergeredet worden. Das macht schon die Tatsache deutlich, dass wir viele Verwundete und Gefallene im Norden zu beklagen haben." Wenn es um finanzielle Forderungen gehe, könne die Bundesrepublik ruhig mehr leisten.
"Aber keine weiteren Soldaten stellen, das bringt auch nichts."
Die Bundeswehr sei immer noch im Transformationsprozess und gerade, zum 60 Geburtstag der Nato, "dabei, unsere Struktur und unsere materielle Ausstattung so zu ändern, dass wir einer modernen Nato entsprechen können." So habe die Truppe in Afghanistan zu wenige Hubschrauber - und die seien auch noch alt, ebenso wie die Transportflugzeuge vom Typ Transall. "Und wir brauchen auch kleine, geschützte Fahrzeuge; aber die müssen erst einmal entwickelt werden. Da muss man viel Geld für Forschung und Technologie in die Hand nehmen. Es ist schon eine Menge getan worden, aber es gibt Lücken, da hat der Wehrbeauftragte recht. Uns fehlen drei Milliarden Euro ad hoc und jährlich 1,5 Milliarden Euro. Schon als die Transformation der Bundeswehr begonnen hat, fehlte eine Anschubfinanzierung." Kirsch sagt klar: "Wenn wir in der Vergangenheit mehr Geld bekommen hätten, dann könnten wir heute weiter sein."