Fleiß, Pünktlichkeit, Effizienz - uns Deutschen wird viel nachgesagt. Charme findet sich in der Aufzählung selten. Besonders unsere Nachbarn haben...
Hamburg. Fleiß, Pünktlichkeit, Effizienz - uns Deutschen wird viel nachgesagt. Charme findet sich in der Aufzählung selten. Besonders unsere Nachbarn haben ein wachsames Auge auf alles, was wir so treiben. Das hängt gewiss mit den vielen leidvollen Erfahrungen zusammen, die sie im Laufe der Geschichte mit den Teutonen so sammeln mussten.
Ein besonders sensibles Völkchen sind die Schweizer, die alles beargwöhnen, was der große Kanton im Norden so treibt. Zehnmal so viel Fläche, zehnmal mehr Einwohner, meist leicht rechthaberisch in der Attitüde und ziemlich direkt in der Ansprache - da heißt es Obacht, besonders wenn es um so diffizile Angelegenheiten wie Geld, Steuern und Bankgeheimnisse geht.
Da zittert das Matterhorn, die Rütliwiese bebt, der Zürichsee schlägt Wellen und die eidgenössische Seele gerät in Wallung, wenn ein deutscher Finanzminister offen seiner Genugtuung freien Lauf lässt, das wichtigste Geheimnis der Geldgnome aus den Bergen gelüftet zu haben. Wenigstens ein bisschen.
"Peer Steinbrück, das darf man in aller Offenheit sagen, definiert das Bild des hässlichen Deutschen neu. Er erinnert mich an jene Generation von Deutschen, die vor 60 Jahren mit Ledermantel, Stiefel und Armbinde durch die Gassen gegangen sind", polterte der Schweizer Abgeordnete Thomas Müller im Schweizer Parlament, als es um die Lockerung des Bankgeheimnisses ging.
Peer Steinbrück hatte die Drohung, die Schweiz auf eine schwarze Liste Steuerbetrüger begünstigender Staaten zu setzen, mit der "siebten Kavallerie vor Yuma" verglichen. Die müsse nicht unbedingt ausreiten. "Die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt", hatte Steinbrück dem Schweizer Fernsehen gesagt.
Lediglich ein gängiges plastisches Bild, heißt es unschuldig aus Berlin. Und was sei so schlimm daran, dass sich auch die Schweiz an die Regeln der OECD halten soll? Zwei Punkte: Erstens lassen sich die Schweizer nicht gern drohen. Und zweitens möchten sie nicht mit den zwar edlen, aber völlig mittellosen Wilden aus der Prärie verglichen werden. Mehr Rufschädigung geht ja wohl nicht!