Die globale Krise macht vor nichts halt - auch nicht vor dem politischen Aschermittwoch. “Wir leben in einer Zeit, in der die Leute so viel Sorgen...

München/Hamburg. Die globale Krise macht vor nichts halt - auch nicht vor dem politischen Aschermittwoch. "Wir leben in einer Zeit, in der die Leute so viel Sorgen haben, dass sie nicht verstehen würden, wenn man erbarmungslos aufeinander einschlägt", sagt CSU-Chef Horst Seehofer. Der bayerische Landesvater feiert heute seine Premiere als Hauptredner in der Passauer Dreiländerhalle.

Wenn Politiker schwer vom Leder ziehen, deftig austeilen und herb formulieren, dann ist nicht zwingend, aber meistens politischer Aschermittwoch. Nach Fastnacht, Karneval oder Fasching ist die Folklore keineswegs vorbei. Traditionell nachrichtenärmere Tage enden traditionell mit dem bisweilen klamaukigen Politknall am Mittwoch danach. Und gerade in Wahljahren erwartet das Publikum würzige Sottisen. Dieses Jahr vielleicht vergebens, glaubt man erstaunlich zahmen Ankündigungen aus Bayern, der Wiege des politischen Aschermittwochs. Die CSU rechnet trotzdem mit Pilgern aus ganz Deutschland, und die sollen heuer zwar unterhalten, aber nicht mit allzu markigen Sprüchen aufgeheizt werden.

Spannend dürfte sein, wie die CSU auf die liberale Konkurrenz reagiert, die ihr zunehmend Wähler streitig macht. Die FDP erklärt sich bei der wie immer kleineren Konkurrenzveranstaltung im Passauer Wirtshaus "Peschl-Terrasse" - und gibt sich schon vorher angriffslustig. "Unsere Stimmen sind keine Leihstimmen, wir sind auch keine vorübergehende Parkbank für enttäuschte CSU-Wähler", sagt die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie will sich in ihrer Rede um Bayern und die CSU kümmern, beim Austeilen wird sie von ihrem Parteichef Guido Westerwelle unterstützt, der die Bundespolitik aufs Korn nimmt.

Die SPD-Prominenz dagegen macht diesmal um Bayern einen Bogen. Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier spricht in Cuxhaven. Weil das Interesse der Genossen an der Nordseeküste so groß ist, musste bereits der Veranstaltungsort gewechselt werden. Die Klientel hofft, dass der Außenminister Angela Merkel unter Feuer nimmt. Die Kanzlerin selbst tritt in Demmin/Mecklenburg-Vorpommern auf.

Die Wurzeln des politischen Aschermittwochs liegen im niederbayerischen Vilshofen. Dort rief der Bauernbund erstmals 1919 zu einer Kundgebung auf. Legendäre Redeschlachten entwickelten sich mit dem Auftreten von Franz Josef Strauß nach dem Zweiten Weltkrieg. Strauß kannte keine Gnade.