Es ist ein ungewöhnlicher Schritt für den Konzernlenker: Bahn-Vorstandschef Hartmut Mehdorn hat Fehler in der Datenaffäre zugegeben. In einem Brief...

Berlin. Es ist ein ungewöhnlicher Schritt für den Konzernlenker: Bahn-Vorstandschef Hartmut Mehdorn hat Fehler in der Datenaffäre zugegeben. In einem Brief an alle Beschäftigten schrieb er: "Aus heutiger Sicht waren wir hier übereifrig." Es sei ein Fall "falsch verstandener Gründlichkeit" gewesen. Sollte der Eindruck entstanden sein, der Vorstand misstraue den Mitarbeitern, "dann bedauere ich das ausdrücklich", so Mehdorn in dem Schreiben, das das Datum von gestern trägt. Der Kreis der einbezogenen Personen sei zu weit gezogen worden. Zugleich kündigte er an, künftig die Arbeitnehmervertretungen in die Anti-Korruptions-Maßnahmen einzubinden.

Parallel dazu wurde gestern bekannt, dass das Ausmaß der Überprüfungen weiter gingen, als bisher zugegeben. 2005 seien die "Daten aller Mitarbeiter" mit Adressen und Bankverbindungen von Geschäftspartnern abgeglichen worden, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Zuvor war davon die Rede gewesen, die Bahn habe vor einigen Jahren die Daten von rund 173 000 Mitarbeitern mit denen von 80 000 Lieferanten abgleichen lassen, ohne die Bahner vorher oder hinterher zu informieren. Auch der Betriebsrat erfuhr nichts von dem Vorgang, der angeblich Fälle von Korruption aufdecken sollte. Noch am Freitag hatte sich Mehdorn unbeirrt gegeben und gesagt, er würde es wieder tun, wenn er es auch "anders kommunizieren" würde. Das hatte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) auf die Zinne getrieben, der sich bereits in der Vergangenheit regelmäßig über den Bahnchef geärgert hatte. Das "scheibchenweise" Herausrücken mit Informationen reiche nicht: "Wir haben noch lange nicht genug Informationen, um einschätzen zu können, wie die Aktionen tatsächlich vor sich gegangen sind." Tiefensee betonte die Geschlossenheit der Bundesregierung in dieser Frage und sagte, "die Kanzlerin und ich" drängten gemeinsam auf Aufklärung.

Koalition wie Opposition kritisieren, die Entschuldigung sei zu schwach und komme zu spät. CDU-Verkehrspolitiker Dirk Fischer sprach gegenüber dem Abendblatt von einem "verharmlosenden" Schreiben. Insgesamt habe die Bahn schlechtes Krisenmanagement betrieben. Auch die Angabe Mehdorns, von den Vorgängen nichts gewusst zu haben, akzeptiert Fischer nicht: "Entweder ist der Laden schlecht organisiert, oder aber er hat alles gewusst und muss es auch verantworten." Damit rechnet Fischer jedoch nicht: "Er selbst wird nach meiner Einschätzung nie Konsequenzen ziehen. Alles andere liegt in den Händen des Aufsichtsrates." Die Bundesregierung hätte höchstens die Option, Mehdorns Vertrag zu stornieren - dann müsste sie ihn allerdings auszahlen.

Der Verkehrspolitiker wirft dem Bahnchef drei grundsätzliche Fehler vor. Mehdorn springe "unmöglich" mit dem Alleineigentümer Bund um. Gleiches gelte für den Umgang mit den Kunden. Und nicht zuletzt habe der Manager das Klima innerhalb des Unternehmens beschädigt: Niemand traue sich mehr, seine Meinung frei zu sagen.