Dieter Althaus ist zurück in der Politik: Über den Skiunfall spricht der CDU-Regierungschef nur wenig. Lieber will er als Krisenmanager punkten: Am Freitag Treffen mit Opel-Chef.
Wer noch Zweifel an der Gesundheit des Thüringer Regierungschefs hatte, sollte gestern ein für alle Mal eines Besseren belehrt werden. "Ich fühle mich fit, ich fühle mich gut", gab Dieter Althaus (CDU) allen Skeptikern klar zu verstehen. Er habe einiges dafür getan, sein Amt wieder in vollem Umfang ausführen zu können, und sei "körperlich vergleichbar fit wie vor dem Unfall".
Ein entschlossener Ministerpräsident kehrte gestern - fast vier Monate nach seinem Skiunfall - an den Schreibtisch der Erfurter Staatskanzlei zurück. Doch bevor Althaus an sein Tagwerk gehen konnte, stellte er sich in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit und arbeitete sich in seiner Erklärung fast mechanisch von Thema zu Thema: die Wirtschaftskrise, das Konjunkturpaket, Bildung und Familienpolitik, dann noch die Rettung des Opel-Standorts Eisenach. Nüchtern protokollierte er die Vorhaben der Landesregierung. Im selben emotionslosen Duktus sprach er dann auch über seinen Unfall und die Folgen.
Das Ereignis in Österreich habe sein Leben nachhaltig verändert, sagte Althaus. Erstmals gestand er öffentlich die Schuld am Tod der Frau ein, mit er auf einer Skipiste zusammengestoßen war und die ein einjähriges Kind hinterlässt. "Aus dem Gutachten ergibt sich, dass ich Schuld trage." Ohne erkennbare Gefühlsregung fügte Althaus hinzu: "Das belastet mich und ich trage schwer daran." Dennoch: Ans Aufhören habe er zu keiner Zeit gedacht. Gemeinsam mit seiner Frau und den Ärzten habe er von Anfang an darum gekämpft, wieder ins Amt zurückzukehren. Das Schädel-Hirn-Trauma ist nun offenbar vollständig therapiert. "Die Behandlungen sind abgeschlossen", sagte Althaus. "Ich freue mich, dass ich wieder auf der Bühne und in Verantwortung stehe."
Viel mehr wollte der Regierungschef nicht über die vergangenen vier Monate sprechen, lieber über die Wirtschaftskrise: "Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, um den Unternehmen zur Seite zu stehen", sagte er. So liege Opel ein Hilfspaket zur Sicherung des Eisenacher Standorts vor. Ziel sei, den Thüringer Standort bei den Kosten für die Immobilie, für Technologie und Innovationen zu entlasten. Für diesen Freitag habe dazu ein Gespräch mit Opel-Chef Hans Demant vereinbart.
Für die mittelständischen Firmen sei ein Programm mit Liquiditätshilfen für strategisch wichtige Unternehmen in Vorbereitung, sagte Althaus, ohne aber auf Details eingehen zu wollen. Dazu kündigte er noch an, innovative Technologien etwa in der Solartechnik weiter zu fördern.
Als einziger Person namentlich dankte er seiner Finanzministerin Birgit Diezel (CDU), die ihn während der vier Monate vertreten hatte. Diezel selbst ließ sich gestern ganz bewusst wieder in ihrem Wahlkreis in Gera blicken. Denn den hatte sie in den Monaten der Stellvertretung vernachlässigt.
"Ich bin zufrieden damit, wieder die Nummer zwei zu sein", sagte Diezel dem Abendblatt. "Die vier Monate waren eine Herausforderung. Finanzministerin und amtierende Ministerpräsidentin zu sein, das war ein schwer zu tragender Rucksack. Aber ich bin stolz auf das, was wir als Landesregierung in der Zeit geleistet haben."
Trotz der Rückkehr von Dieter Althaus sei an Urlaub für sie vorerst nicht zu denken: "Im Wahlkampf wird es keinen Urlaub geben. Ich nehme nur über Pfingsten ein paar Tage frei."
Den ersten offiziellen Auftritt des Ministerpräsidenten, den sie via Livestream im Internet verfolgte, fand Diezel überzeugend: "Dieter Althaus hat eine schwere Zeit hinter sich. Wenn er jetzt zu locker aufgetreten wäre, wäre ihm sofort vorgeworfen worden, er trage nicht genug an dem Unfall", sagte Diezel. "Er kann es in dieser Situation nicht allen recht machen", fügte sie hinzu. Mit Blick auf die Landtagswahl am 30. August zeigte sich die stellvertretende Ministerpräsidentin überzeugt, dass der Wahlkampf fair geführt werde. "Der Skiunfall ist das Schlimmste, was Dieter Althaus in seinem Leben passiert ist. Ich glaube nicht, dass der Unfall oder sein Schuldbekenntnis eine Rolle im Wahlkampf spielen werden", sagte die Finanzministerin.
Doch einen Vorgeschmack auf zukünftige Wahlkampf-Auseinandersetzungen gab es bereits gestern, kurz nachdem Althaus das Podium verlassen hatte. Prompt meldete sich der politische Gegner zu Wort und kritisierte Althaus' Rückkehr-Auftritt. Als wenig authentisch bezeichnete der Spitzenkandidat der Linken, Bodo Ramelow, den CDU-Ministerpräsidenten. "Er ist geistig auf Distanz, so als ob er neben sich stehen würde", sagte Ramelow in Erfurt. "Da hat er sich in die dritte Person geflüchtet und nur Floskeln von sich gegeben. Eine emotionale Klarstellung ist er schuldig geblieben." Die politischen Äußerungen von Althaus kritisierte Ramelow als "substanzlose Ankündigungsorgie". Der SPD-Spitzenkandidat Christoph Matschie sagte: "Ich finde, das war zu wenig. Dieter Althaus ist nach wie vor nicht auf Ballhöhe, was die Probleme angeht."