Wie war das mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989? Gab es einen Plan oder spielte der Zufall mit? Wenige Monate vor dem 20. Jahrestag des Ereignisses haben Erinnerungen von Zeitzeugen, Mutmaßungen und Deutungen Konjunktur.

Berlin - Wie war das mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989? Gab es einen Plan oder spielte der Zufall mit? Wenige Monate vor dem 20. Jahrestag des Ereignisses haben Erinnerungen von Zeitzeugen, Mutmaßungen und Deutungen Konjunktur. Ausgerechnet der Chef der staatlichen DDR-Nachrichtenagentur ADN, Günther Pötschke, der Mitglied im SED-Zentralkomitee war, soll dem italienischen Journalisten Riccardo Ehrman den Tipp für die entscheidende Frage zur Reisefreiheit gegeben haben. Warum er erst jetzt damit herausrücke? "Ich wollte klarmachen, dass meine Frage kein Zufall war", bekräftigte der Journalist.

"Alles Quatsch", wischte am Freitag der frühere SED-Spitzenfunktionär Günter Schabowski Spekulationen vom Tisch, er habe die Maueröffnung nach der bestellten Frage eines West-Journalisten verkündet. Fast beiläufig hatte das Mitglied des SED-Politbüros gegen 19.00 Uhr am 9. November 1989 auf einer Pressekonferenz die Reisefreiheit für DDR-Bürger stammelnd verkündet: "Das tritt nach meiner Kenntnis, ähh, ist das sofort, unverzüglich." Wenig später gab es kein Halten mehr: Tausende strömten zu den Grenzen, die nach und nach geöffnet wurden.

Muss die Geschichte nun neu interpretiert werden? Nein, denn die sei schon vor Jahren umgeschrieben worden, sagte der Leipziger Medienwissenschaftler Rüdiger Steinmetz. Er hat die Dramaturgie der historischen Pressekonferenz untersucht. Sein Schluss: "Günter Schabowski hatte den Verlauf geplant." Dies beweise sein Sprechzettel mit handschriftlichen Notizen. Darauf habe am Ende gestanden: "Verlesen Text Reiseregelung".

Doch nun das Aber: Medienprofi Schabowski habe auch gewusst, wenn er dies zu Beginn verkündet hätte, wäre die erste vom DDR-Fernsehen live übertragene Pressekonferenz für die Weltpresse gleich wieder zu Ende gewesen. Also habe ihm am Schluss jemand ein Stichwort geben müssen - mit wem auch immer abgesprochen, sagte Steinmetz. Die Widersprüche in Ehrmans verschiedenen Einlassungen sollten jetzt wissenschaftlich untersucht werden. (dpa)