Das Existenzrecht Israels müsse geschützt werden, betonte Gauck bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem israelischen Staatspräsidenten Peres.
Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck hat zum Auftakt seines ersten Besuches in Israel auf eine Zwei-Staaten-Lösung gepocht. Das Existenzrecht Israels müsse geschützt werden, betonte Gauck am Dienstag bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres. Andererseits müssten auch die berechtigten Belange des palästinensischen Volkes geachtet werden, betonte Gauck. Nötig sei „eine Lösung, die Wirklichkeit werden kann, wenn beide Seiten aufeinander zugehen und die Rechte des jeweils anderen anerkennen“. Hintergrund ist der seit Monaten erneut stockende Friedensprozess und der anhaltende Bau jüdischer Siedlungen in den von Israel besetzten Palästinenser-Gebieten.
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Gauck unterstrich vor dem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem die Verantwortung Deutschlands für das Existenzrecht Israels: „Zu dieser Verantwortung stehen die Parteien des deutschen Bundestages, die Regierung und selbstverständlich auch der Bundespräsident.“ Israel zähle zu den wichtigsten Partnern und Freunden der Bundesrepublik. „Deutschland und Israel sind enger verbunden als jemals zuvor, durch gemeinsame Werte, aber auch durch gemeinsame Interessen“, sagte der Bundespräsident. Gauck, der sich vier Tage in Israel und den Palästinenser-Gebieten aufhalten will, bezeichnete den Umbruch in vielen arabischen Staaten als „historische Chance für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“. Er verstehe aber Israels Bedenken, weil noch nicht klar sei, wohin die Entwicklung gehe. „Die Veränderungen in Ägypten und der ganzen Region müssen zu mehr Demokratie und zu mehr Menschrechten führen“, forderte Gauck. Außerdem müssten sie zu einer Außenpolitik führen, die die Sicherheit Israels garantiere. Nach dem Umsturz verzeichnen islamistische Kräfte in etlichen nordafrikanischen Staaten Wahlerfolge.
Gauck besorgt über Deutschlands Haltung zu Israel
Das iranische Atomprogramm bezeichnete Gauck als konkrete Gefahr für Israel und die Region und als eine potenzielle Bedrohung für Europa. Der iranischen Regierung wird vorgeworfen, sie strebe unter dem Deckmantel der Energieversorgung nach Atomwaffen. Er äußerte sich aber auch besorgt über eine immer kritischere Haltung vieler Deutscher zum jüdischen Staat: „Ohne Umfragen überzubewerten: Als Freund Israels besorgen mich die Ergebnisse dennoch“, antwortete er der Zeitung „Haaretz“ (Dienstag) auf eine Frage nach dem sinkenden Ansehen Israels in Deutschland.
Eine Umfrage hatte kürzlich ergeben, dass 70 Prozent der Deutschen Israel vorwerfen, seine Interessen ohne Rücksicht auf andere Völker zu verfolgen, und 59 Prozent die israelische Politik für aggressiv halten. Aus den Abgründen seiner Geschichte kommt Deutschland eine einzigartige Verantwortung gegenüber Israel zu“, sagte Gauck. „Wachsende Ressentiments gegenüber Israel sind zwar nicht allein ein deutsches Phänomen, aber wir Deutsche sollten uns besonders kritisch fragen: In welchem Geist urteilen wir über israelische Politik? Doch bitte nur im Geist der Freundschaft. Da ist durchaus auch Platz für Kritik, nicht aber für Vorurteil“, betonte der Bundespräsident.
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Am Donnerstag will Gauck auch in die palästinensischen Gebiete reisen.Der deutsche Bundespräsident will im Nahen Osten ein Zeichen der Solidarität mit Israel setzen und zugleich das nachhaltige Engagement Deutschlands für den Aufbau eines Palästinenserstaates betonen. Lebensgefährtin Daniela Schadt begleitet den Bundespräsidenten auf der viertägigen Reise. Nach der Ankunft in Tel Aviv besuchte Gauck mit seiner Delegation das Grab des früheren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis. Journalisten waren bei dem Termin nahe Tel Aviv nicht zugelassen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland setzt große Hoffnungen in die Reise Gaucks nach Israel. Präsident Dieter Graumann, der Gauck ebenfalls begleitet, sprach von einer großen Chance zur Verstärkung der Freundschaft beider Länder. Es sei ein richtiges Signal, dass das Staatsoberhaupt schon in den ersten Wochen nach seiner Amtsübernahme nach Israel reise.
Graumann erhofft sich von Gaucks Reise neue Impulse
Der Zentralratspräsident hob hervor, dass die Bundesrepublik als der beste Freund Israels in Europa gelte und das Deutschlandbild dort sehr positiv sei. Umgekehrt sei das leider nicht so. Auch deshalb erhoffe er sich von dem Besuch Gaucks neue Impulse. „Das Bild Israels in den deutschen Umfragen stimmt mich traurig“, sagte Graumann der Nachrichtenagentur dapd und fügte hinzu: „Ich hoffe, der Bundespräsident kann dazu beitragen, es zurechtzurücken.“ Graumann erinnerte an die historische Verantwortung der Deutschen gegenüber Israel. Er wünsche sich aber „nicht nur eine verordnete Freundschaft, sondern eine in den Herzen der Menschen verankerte“. Es wäre eine „wunderschöne Sache“, wenn Gaucks Besuch dazu beitragen könne.
Am Dienstag trifft das Staatsoberhaupt in Jerusalem zunächst mit seinem israelischen Kollegen Schimon Peres zusammen, der Gauck eingeladen hatte. Peres hatte nach Angaben des Bundespräsidialamts den Besuch vom Antritts- zum Staatsbesuch „hochgestuft“. Am Donnerstag will der Bundespräsident auch in die Palästinensischen Gebiete reisen. Gaucks Vorgänger Christian Wulff hatte im November 2010 Israel besucht und dabei ebenfalls einen Abstecher in die Palästinensischen Gebiete unternommen. "Der frühzeitige Besuch in Israel ist mir ein Herzensanliegen. Dieser Staatsbesuch unterstreicht die auf immer besonderen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel“, sagte Gauck nach Angaben der deutschen Botschaft in Tel Aviv.
Gaucks Vorgänger Christian Wulff hatte im November 2010 Israel besucht und dabei ebenfalls einen Abstecher in die Palästinensischen Gebiete unternommen. Vor Israel hatte Gauck als Deutsches Staatsoberhaupt bereits Polen , Schweden und die Niederlande besucht.
Mit Material von dpa und dapd