Nach dem Treffen von Bund und Ländern im Kanzleramt kündigte Kanzlerin Merkel an, die Energiewende schneller voranbringen zu wollen.
Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die Energiewende gemeinsam mit den Bundesländern schneller voran bringen. „Die Energiewende ist eine große Aufgabe, man kann sagen eine Herkulesaufgabe, der wir uns verpflichtet fühlen“, sagte sie am Mittwoch nach einem Energiegipfel mit den Ministerpräsidenten der Länder im Bundeskanzleramt. „Wir wollen den Erfolg.“ Der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich zufrieden über die Ergebnisse des Treffens. „Ich habe aus diesen Gesprächen heute den Eindruck mit nach Hause genommen, dass die Energiewende gelingen kann und dass sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind“, sagte Altmaier nach dem Gespräch von Bund und Ländern. Der Minister sieht die Chance auf einen nationalen Konsens. Nun müssten beide Seiten ihre Hausaufgaben bis zum nächsten Treffen machen.
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Wie Altmaier sagte, will das Umweltministerium stärker auf eine Verzahnung des Netzausbaus mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien setzen. Hierzu sei eine Plattform gegründet worden, der sowohl Umwelt- als auch Wirtschaftsministerium sowie Vertreter der Länder angehören sollten.
Künftig soll es halbjährliche Gipfeltreffen geben, um Fortschritte und nicht erledigte Aufgaben zu identifizieren. Zuvor hatte es massive Kritik an einer fehlenden Koordinierung gegeben – die 16 Länder haben wie der Bund eigene Konzepte zur Umsetzung des Mammutprojektes. Eine ordnende Hand fehlt bisher, kritisiert die Energiebranche. Während der Norden sich etwa um den Anschluss der Windparks auf See sorgt, fordert Bayern mehr Gaskraftwerke. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) betonte, dass Einzelinteressen zurückgestellt worden seien.
Merkel sagte, Bund und Länder müssten beim Steuerbonus für energetische Gebäudesanierungen und der Kürzung der Solarförderung rasch zu einer Einigung kommen. „Hier drängt die Zeit.“ Durch Gebäudesanierungen lassen sich die Energiekosten um bis zu 70 Prozent senken. Ein Steuerrabatt von 1,5 Milliarden Euro scheitert bisher am Länder-Veto. Mit der Solarförderkürzung will die Regierung die Kosten der Bürger drücken, die die Förderung über den Strompreis zahlen. Ostdeutsche Länder fürchten aber durch die Kappung Pleiten in der dortigen Solarbranche.
Konkrete Ergebnisse wurden nicht mitgeteilt. Entscheidend ist für die Regierung zunächst eine bessere Koordinierung der zahlreichen Plattformen und Arbeitsgruppen. Dies mahnt auch die Wirtschaft an. In Kürze soll ein Plan für die bundesweite Stromnetzplanung vorgelegt werden. Merkel betonte, das Treffen sei ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Umsetzung der Energiewende. Auf der Tagesordnung standen auch der ausbleibende Bau neuer Gaskraftwerke als Ersatz für die wegfallenden Atomkraftwerke und die drohende Kostensteigerung für die Bürger, die die Ökoenergieförderung über den Strompreis zu zahlen.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) betonte, die Energiewende sei eine Riesenchance für deutsche Firmen auf den Weltmärkten. Jetzt müssten rasch die nötigen 4000 Kilometer neue Stromleitungen gebaut werden. „Der Erfolg hängt eins zu eins mit dem Netzausbau zusammen.“ Der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck (SPD) sagte, die Länder hätten Merkel ihre Sorgen mitgeteilt. Die Wirtschaft brauche Planungs- und Investitionssicherheit.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) drohte Merkel mit einem Alleingang, wenn die Berliner Koalition nicht zu schnellen Lösungen kommt. In der „Süddeutschen Zeitung“ stellte er die Gründung eines eigenen Energieversorgers in Aussicht: „Dann gründen wir ein Bayernwerk.“ Zwar seien ihm marktwirtschaftliche Lösungen lieber, aber staatliche auch denkbar, sagte Seehofer. Bayern will mit bis zu fünf Gaskraftwerken einen Großteil der Stromlücke schließen, die sich nach dem Abschalten der bestehenden Kernkraftwerke bis 2022 ergibt.
Der Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Stephan Weil, forderte dringend mehr Steuerung und Abstimmung, sonst fahre die Energiewende gegen die Wand. „Wir haben ein heilloses Durcheinander von Kompetenzen und Personen, die sich berufen fühlen, einzelne Teile der Energiewende zu vertreten“, sagte er. Ohne Drehbuch gebe es keine Investitionen in Netze und Kraftwerke. „Es ist, wenn Sie so wollen, ein Führungsversagen der Bundeskanzlerin an dieser Stelle“, sagte Weil.
Der BUND und Greenpeace forderten mehr Entschlossenheit, zudem kritisierten sie Rösler, dass er die Wende torpediere. „Frau Merkel muss die Energiewende zur Chefsache machen. Nur dann kann sie Wirtschaftsminister Rösler davon abhalten, die Zukunftsbranche Regenerative Energien mit hektischen Kürzungen weiter kaputt zu machen“, sagte Roland Hipp, Kampagnen-Geschäftsführer von Greenpeace.
Mit Material von dpa/dapd