Die SPD kann der CDU vier der zwölf Wahlkreise im Umland abnehmen
Bad Oldesloe. Die SPD hat der CDU im Hamburger Umland vier Wahlkreise abgenommen. Bei der Landtagswahl waren die sozialdemokratischen Kandidaten in den Wahlkreisen Elmshorn, Pinneberg, Stormarn-Süd und Lauenburg-Süd erfolgreich. Martin Habersaat war einer der Gewinner. Er konnte sich in Stormarn-Süd gegen Joachim Wagner (CDU) durchsetzen, den Vorsitzenden der Stormarner Kreistagsfraktion. "Das gibt Schwung für mehr", rief Habersaat, als er im Bürgerhaus der Stadt Glinde von jubelnden, mit Fähnchen bewaffneten Genossen empfangen wurde.
Das Umland bleibt allerdings mehrheitlich schwarz. Mit einem erneuten Gewinn aller zwölf Wahlkreise im "Speckgürtel" hatten selbst die Christdemokraten nicht gerechnet. Der Triumph bei der letzten Landtagswahl war der Schwäche der SPD geschuldet. Die hat nun wieder aufgeholt - und ist in den Wahlkreisen erfolgreich gewesen, die von größeren Städten dominiert werden. Beate Raudies (Wahlkreis 22) holte ihren Sieg in der Stadt Elmshorn. Michael Abercron, ihr CDU-Kontrahent, nahm die Niederlage gefasst auf. Noch am Abend fuhr er hinüber in die Elmshorner Traditionsgaststätte "Im Winkel", um dort der feiernden Beate Raudies zu gratulieren. Die war glücklich. "Ich bin super zufrieden über das sehr tolle Ergebnis und freue mich riesig auf die Arbeit im Landtag", sagte sie. Dann spendierte sie ihren Parteifreunden eine Holsteiner Apfeltorte.
Die Parteien hatten das Umland vor der Wahl besonders intensiv beackert. Es galt als "battleground", also als Region, in der mit einem konzentrierten Einsatz Stimmen und Wahlkreise zu gewinnen sind. Immerhin leben rund ein Drittel aller Wahlberechtigten in den Kreisen Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Herzogtum Lauenburg. Für diejenigen, die gestern wissen wollten, wie die anderen abgestimmt haben, bestand der Abend der schleswig-holsteinischen Landtagswahl aus zwei Phasen. Mit der Prognose um 18 Uhr war klar, dass es im Landtag eine hauchdünne Mehrheit für die Dänen-Ampel geben könnte. Danach begann das lange Warten auf die Wahlkreisergebnisse.
Um 18 Uhr, nach der TV-Wahlprognose, gab es zunächst bei den Linken lange Gesichter. Heiko Winckel-Rienhoff, Fraktionsvorsitzender der Linken im Stormarner Kreistag, sagte: "Ich befürchte, dass sich meine Partei damit auf Landesebene dauerhaft verabschiedet hat." Bei der FDP, die bei Umfragen unlängst noch deutlich unter der Fünf-Prozent-Grenze gelegen hatte, wurde hingegen schon gleich um 18 Uhr ungebremst gejubelt. Daran konnten auch kleinere Pannen nichts ändern. In Großhansdorf (Kreis Stormarn) trafen sich die Liberalen in einem Restaurant, um dann festzustellen, dass es dort keinen Fernseher gab. Rasch wurde ein Laptop organisiert, und Rolf Finkbeiner, der FDP-Kandidat im Wahlkreis Stormarn-Mitte, konnte kurz darauf gut informiert Hochrechnungen kommentieren. "Ich bin vom Ergebnis meiner Partei positiv überrascht. Kubickis Prognose hat sich als richtig erwiesen."
Der Pinneberger CDU passierte seltsamerweise das gleiche Missgeschick wie den Großhansdorfer Liberalen. In der Kneipe "Scheune" am Pinneberger Rathaus hatten sich Christdemokraten verabredet. Es ist ein fernsehfreies Etablissement. Also musste ein Gerät besorgt werden, bis dahin behalf man sich mit Handys. Christian von Boetticher (CDU), ehedem Spitzenkandidat der Nord-CDU, freute sich über das Ergebnis seiner Partei: "Jetzt entscheidet sich, wer bei der SPD das Sagen hat. Wenn es Albig ist, dann gibt es eine große Koalition, wenn es Stegner ist, dann wird auf Biegen und Brechen eine Dänen-Ampel gemacht."
Besonders groß war die Freude am Wahlabend bei einem Elmshorner Piraten. Hans-Heinrich Piepgras ist der Stiefvater von Torge Schmidt, dem Spitzenkandidaten der Partei. Der zieht nun in den Landtag ein. "Das Wahlergebnis ist der Spiegel dessen, was wir auf der Straße im Wahlkampf erfahren haben."
"Ernüchtert" zeigte sich Katrin Fedrowitz, die SPD-Kandidatin im Wahlkreis Norderstedt, als die Prognose über den Bildschirm im Norderstedter Rathaus lief. 30,5 Prozent für ihre Partei. "Ich hätte mir schon ein bisschen mehr gewünscht", sagte die 38-Jährige. Auch bei ihrer CDU-Kontrahentin Katja Rathje-Hoffmann, 48, sah die Miene nicht freundlicher aus. "Im Laufe des Abends wird sich der Abstand zur SPD schon noch vergrößern", hoffte sie.
Und die Grünen? Bei Ines Strehlau, der Landtagsabgeordneten aus Halstenbek, waren die Gefühle sehr gemischt. Mit ihrem Listenplatz elf musste sie um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Zwar habe ihre Partei ein gutes Ergebnis erzielt, aber: "Eine Koalition von SPD, Grünen und SSW ist kein Selbstgänger. Das wird schwierig."
Von der Wahl berichten: Anne Dewitz, Bernd-Olaf Struppek, Arne Kolarcyk, Manfred Augener, Marvin Mertens, Jörg Malitzki, Alexander Landsberg, Burkhard Fuchs, Claudia Eicke-Diekmann, Heike Linde-Lembke, Christopher Herbst, Michael Schick, Frank Knittermeier, Steffen Lüdke, Frank Schulze, Bianca Hannig, Christian Thiesen, Thies Jonas, Hinnerk Blombach, Ralph Klingel-Domdey