Brüssel/Konstanz. Wochenlang hatte sie geschwiegen, jetzt zog sie überraschend doch die Konsequenzen aus der Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit: "Mit sofortiger Wirkung" hat die FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin gestern Abend ihre Posten als Vorsitzende der FDP im Europaparlament und Vizepräsidentin des Europaparlaments niedergelegt. Damit ist sie auch nicht mehr im FDP-Präsidium vertreten.
"Ich hoffe, dadurch meiner Partei den Neuanfang mit einem neuen Führungsteam zu erleichtern", erklärte die 40-Jährige. "Ich möchte mit diesem Schritt auch verhindern, dass meine gesamte Familie durch die öffentliche Diskussion weiter belastet wird."
Koch-Mehrin hatte 1999 eine wirtschaftshistorische Dissertation zur lateinischen Münzunion an der Uni Heidelberg eingereicht. Nach Informationen des "Tagesspiegels" sind darin mehrere Plagiate festgestellt worden, die als erheblicher Regelverstoß gewertet werden. Die Uni plane, der Politikerin den Doktortitel abzuerkennen, werde aber nicht vor Ende Mai entscheiden. Koch-Mehrin, die als eine der Hoffnungsträger der Liberalen galt, will nach Angaben ihres Pressesprechers ihr Mandat im Europäischen Parlament allerdings nicht aufgeben. "Frau Koch-Mehrin behält ihre Funktion als Abgeordnete im Europaparlament", sagte ihr Sprecher, Georg Streiter, gestern in Brüssel.
Auf die Frage, warum Koch-Mehrin ausgerechnet jetzt ihre Ämter aufgebe, sagte Streiter: "Sie ist verärgert darüber, dass Einzelheiten aus dem laufenden Prüfungsverfahren an der Universität Heidelberg an die Öffentlichkeit gelangten, bevor es abgeschlossen wird." Er erwarte nicht, dass sie am FDP-Bundesparteitag am Wochenende in Rostock teilnehmen werde.
Im Fall der Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), Veronica Saß, ist die Entscheidung schon gefallen: Die Universität Konstanz hat ihr den Doktortitel aberkannt. Der Promotionsausschuss sei zu dem Ergebnis gekommen, dass erhebliche Teile der Arbeit Plagiate seien.