Früherer SPD-Abgeordneter sagt vor Gericht, er habe nur recherchieren wollen
Karlsruhe/Berlin. Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss muss sich seit gestern wegen strafbaren Umgangs mit Kinderpornografie vor Gericht verantworten. Zu Beginn des Prozesses vor dem Landgericht Karlsruhe räumte der 56-Jährige ein, sich zwischen 2007 und 2009 zahlreiche Bilddateien und Videos mit harter Kinderpornografie beschafft zu haben. Grund seien jedoch eigene Recherchen als Abgeordneter gewesen. Er habe belegen wollen, dass Kinderpornografie inzwischen hauptsächlich über Telefon-Hotlines und nicht über das Internet vertrieben werde. Tauss soll sich in insgesamt 90 Fällen Bild- und Videodateien verschafft und auf seinem Handy gespeichert haben.
Er habe 2007 Kontakt zu dieser Szene gesucht, sagte Tauss vor der 2. Großen Strafkammer. "Ich bin unverändert davon überzeugt, dass ich als Abgeordneter, der mit diesem Thema beschäftigt war, berechtigt war, dieses Material zu besitzen." Er sei für seine "unorthodoxen Methoden" bekannt. Die Staatsanwaltschaft sieht hingegen keine Belege für Tauss' Erklärung. Ein Sprecher der Anklagebehörde sprach von einer "Zweckbehauptung". Der Prozess gegen den Ex-Abgeordneten, der inzwischen Mitglied der Piratenpartei ist, soll fünf Verhandlungstage bis zum 28. Mai dauern.
Die Piratenpartei nahm den Prozessauftakt zum Anlass, eine zunehmende mediale Vorverurteilung bei Prominenten zu beklagen. Bei Tauss sei auch die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaft Karlsruhe "völlig inadäquat und höchst fragwürdig" gewesen, so die Partei.