Karl-Theodor zu Guttenberg spricht in Hamburg über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan
Hamburg. Am Anfang erzählt Karl-Theodor zu Guttenberg erst einmal von seiner hellblauen Krawatte, die er zum dunkelblauen Anzug trägt. Er habe sie neulich Henry Kissinger ausgeliehen, als der sich bei einem gemeinsamen Frühstück mit Ei bekleckst hatte. Erst vor drei Tagen habe Kissinger ihm die Krawatte zurückgeschickt. Es ist die erste von mehreren Anekdoten, mit denen der Verteidigungsminister die Zuschauer bei der "Zeit"-Matinee im Thalia-Theater gestern unterhielt. Guttenberg parliert schlagfertig und charmant. Er kann in diesen Momenten wieder der coole Minister sein. Das kommt an.
Den Einsatz aber, den der Verteidigungsminister zu leiten hat, lehnt die deutliche Mehrheit der Deutschen ab. Der alerte Polit-Star ist auch der Afghanistan-Minister, zuständig für einen Konflikt, der tote deutsche Soldaten und Zivilisten mit sich bringt. "Es ist uns nicht gelungen, den Menschen die Relevanz des Einsatzes in Afghanistan zu erklären", sagt Guttenberg. Der CSU-Politiker fordert eine ehrliche Diskussion über die Mission am Hindukusch, denn diese Art der Einsätze werde auch in Zukunft notwendig sein. Einen Schritt in Richtung Offenheit hatte Guttenberg bereits vor einigen Monaten getan, als er von Krieg oder kriegsähnlichen Zuständen in Afghanistan sprach. Guttenberg knüpft in der Veranstaltung dort an. "Dieser Krieg in Afghanistan ist allein militärisch nicht zu gewinnen", sagt er. Das Nicken im Publikum verrät ein Verlangen nach Klartext in einem der kompliziertesten Konflikte der Welt. Von einer Illusion müsste sich die Politik verabschieden: Eine Demokratie nach westlichem Vorbild sei in Afghanistan nicht aufzubauen.
Stattdessen fordert der Verteidigungsminister, die Ziele für den Einsatz auf Realitätsnähe zurückzuschrauben. Für ihn bedeutet das: Afghanistan braucht ein Grundmaß an Stabilität, sodass keine Gefahr für die internationale Gemeinschaft und die Region ausgeht. Wie aber die Bundeswehr gemeinsam mit den Truppen der Nato diese Stabilität erreichen will und wann ein Abzug aus Afghanistan möglich ist, darüber verliert Guttenberg kaum ein Wort.
Eine der zentralen Voraussetzungen für einen Erfolg der Mission am Hindukusch sei aber eine verbesserte Ausbildung der deutschen Soldaten. "Einige Strukturen in der Bundeswehr atmen noch den Geist des Kalten Krieges", so Guttenberg. Die Sicherheitspolitik müsse sich deutlich stärker der Asymmetrie moderner Konflikte anpassen - und die seien nicht durch große Armeen mit schweren Geschützen zu lösen. Sowohl die Prävention von Kriegen als auch die gezielte internationale Zusammenarbeit werde künftig immer wichtiger. Dabei, sagt Guttenberg, brauche es gut vernetzte Geheimdienste als auch gut ausgebildete Spezialtruppen.
Diese Professionalität lasse sich auch ohne eine Berufsarmee erreichen. Guttenberg hält an der Wehrpflicht fest - auch wenn diese künftig nur noch sechs Monate dauern wird. Diese Zeit müsse Grundlage für die Rekruten sein, sich danach speziell für einen Einsatz ausbilden zu lassen. Wie beispielsweise der Krieg in Afghanistan.