Tel Aviv/Gaza. Ständiger Kriegszustand mit Israel: Das war laut einem Zeitungsbericht das Ziel des Hamas-Terrorangriffs vom 7. Oktober. US-Außenminister Blinken sucht weiter nach einem Weg zum Frieden.

Mit ihrem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober hat die Hamas den Plan verfolgt, einen dauerhaften Kriegszustand mit Israel auszulösen. Das sagten Vertreter der islamistischen Organisation der „New York Times“, wie das Blatt berichtete. Der Hamas gehe es darum, die palästinensische Sache mittels Gewalt wiederzubeleben, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Gespräche mit mehreren ranghohen Hamas-Mitgliedern.

Der Deutschen Presse-Agentur sagte ein Hamas-Vertreter, der Angriff habe erfolgreich eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien vereitelt. Ein saudischer Minister säte jedoch Zweifel, dass dieses Kalkül aufgehen werde.

Die USA machten erneut deutlich, für einen Frieden dürfe es weder eine Vertreibung der Palästinenser noch eine erneute Besetzung des Gazastreifens geben. Äußerungen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hätten nicht auf eine erneute Besetzung Gazas gezielt, stellte ein Berater des Regierungschefs klar.

Hamas sieht große Zahl palästinensischer Opfer als notwendigen Preis

Es sei notwendig gewesen, „die gesamte Gleichung zu ändern und nicht nur einen Zusammenstoß zu haben“, sagte dem „New York Times“-Bericht zufolge Chalil al-Haja von der Hamas-Führung in Doha. „Es ist uns gelungen, die Palästinenserfrage wieder auf den Tisch zu bringen, und jetzt kommt niemand mehr in der Region zur Ruhe.“

Die vielen Opfer auf palästinensischer Seite durch die militärische Reaktion Israels sei in den Augen von Hamas der notwendige Preis dafür, schreibt die Zeitung. „Ich hoffe, dass der Kriegszustand mit Israel an allen Grenzen dauerhaft wird und dass die arabische Welt auf unserer Seite steht“, zitierte das Blatt einen weiteren Hamas-Vertreter.

Hamas sieht Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien vereitelt

Mit ihrem Terrorangriff in Israel verhinderte die Hamas nach Ansicht eines ranghohen Mitglieds eine Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien. Das sagte Osama Hamdan, Mitglied im Politbüro der Hamas, der Deutschen Presse-Agentur in Beirut.

Saudi-Arabiens Investitionsminister Chalid al-Falih schien dem zu widersprechen. Das Thema Normalisierung der Beziehungen mit Israel sei „nicht vom Tisch“, sagte Al-Falih beim Bloomberg New Economy Forum in Singapur.

Blinken nennt Schlüsselelemente für Friedenslösung für Gaza

US-Außenminister Antony Blinken umriss die Elemente für einen Frieden im Gaza-Konflikt. Es dürfe weder eine Vertreibung der Palästinenser noch eine erneute Besetzung des Gazastreifens geben, betonte Blinken in Tokio zum Abschluss des G7-Treffens der Außenministerinnen und Außenminister.

Zu den Voraussetzungen für „dauerhaften Frieden und Sicherheit“ müsse gehören, „dass die Palästinenser nicht gewaltsam aus dem Gazastreifen vertrieben werden (...)“, sagte Blinken. „Keine Wiederbesetzung des Gazastreifens nach Beendigung des Konflikts, kein Versuch, den Gazastreifen zu blockieren oder zu belagern, keine Verkleinerung des Gebiets von Gaza.“ Der Gazastreifen dürfe nicht „als Plattform für Terrorismus oder andere gewalttätige Angriffe“ genutzt werden.

Netanjahu-Berater: Keine Besetzung des Gazastreifens

Israel plant nach den Worten eines ranghohen Beraters von Premierminister Netanjahu nach einem Ende des Gaza-Kriegs keine anhaltende Besetzung. Es müsse aber eine Sicherheitspräsenz geben, damit das Militär je nach Bedrohungslage für Einsätze hineingehen könne, stellte Mark Regev im US-Sender CNN eine Äußerung Netanjahus zur künftigen Rolle Israels im Gazastreifen vom Vortag klar. „Wir müssen zwischen Sicherheitspräsenz und politischer Kontrolle unterscheiden.“

Baerbock: Keine Friedenslösung über Kopf der Palästinenser hinweg

Auch Außenministerin Annalena Baerbock nannte Kernelemente für einen künftigen Frieden. „Wir brauchen kluge Lösungen wie und von wem Gaza in Zukunft verwaltet werden kann. Und wir brauchen praktische Schritte hin zur Zwei-Staaten-Lösung, auch wenn sie in der Ferne liegen mag“, sagte die Grünen-Politikerin in Tokio. Zugleich mahnte sie, „dass es keine Lösung über die Köpfe der Palästinenserinnen und Palästinenser hinweg geben darf“.

Hamas-Behörde: Zahl der Toten in Gaza steigt auf über 10.500

Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser seit Kriegsbeginn stieg nach Angaben des Hamas-kontrollierten Gesundheitsministeriums auf 10.569. Mehr als 26.000 Menschen seien verletzt worden, teilte die Behörde mit. Unter den Toten seien 4324 Kinder und Jugendliche. Die Zahlen und Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Tausende Palästinenser fliehen aus Norden des Gazastreifens in Süden

Tausende palästinensische Zivilisten flohen am Mittwoch aus dem heftig umkämpften Norden des Gazastreifens in Richtung Süden. Palästinensische Augenzeugen bestätigten entsprechende offizielle Mitteilungen Israels. Die Armee teilte mit, seit Beginn des Kriegs vor einem Monat hätten bereits mehr als 900.000 Menschen den Norden verlassen. Das UN-Nothilfebüro OCHA spricht von rund 1,5 Millionen Binnenflüchtlingen im Gazastreifen. Der Küstenstreifen hat etwas mehr als 2,2 Millionen Einwohner.