Kiew/Moskau/Peking. Ein chinesischer Diplomat kommt nach Europa. Gibt es am 442. Tag des Ukraine-Krieges Hoffnung auf eine politische Lösung? Selenskyj will nach Rom reisen - und vielleicht nach Deutschland. Der Überblick.
Erstmals seit Beginn des Ukraine-Kriegs schickt China einen ranghohen Diplomaten für Gespräche nach Kiew. Wie das Pekinger Außenministerium mitteilte, wird der für Eurasien-Angelegenheiten zuständige Sonderbeauftragte Li Hui ab Montag die Ukraine, Polen, Deutschland, Frankreich und Russland besuchen, um über eine politische Lösung des Konflikts zu sprechen.
Der Besuch eines chinesischen Vertreters in relevanten Ländern zeige, dass China sich für die Förderung von Frieden und Gesprächen einsetze, sagte ein Ministeriumssprecher. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 betonte Peking immer wieder, sich für Verhandlungen einzusetzen. Jedoch gibt China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Rückendeckung, was der chinesischen Führung viel internationale Kritik einbringt. Während Präsident Xi Jinping mehrfach mit Putin sprach, gab es bislang nur ein einziges Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Selenskyj reist am Samstag nach Rom
Selenskyj selbst wird am Wochenende erneut nach Westeuropa reisen. In Rom empfängt ihn Staatspräsident Sergio Mattarella am Samstag, wie der Präsidentenpalast bestätigte. Es ist der erste Besuch Selenskyjs in Rom seit Kriegsbeginn. Es werde erwartet, dass Selenskyj auch Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Papst Franziskus treffen werde. Die ultrarechte Politikerin hatte sich seit der Amtsübernahme im Herbst 2022 stets für die Unterstützung der Ukraine ausgesprochen.
Möglicherweise reist Selenskyj noch am Wochenende weiter nach Deutschland. Bestätigt ist das aber noch nicht. Am Sonntag wird er stellvertretend für das ukrainische Volk in Aachen mit dem Karlspreis ausgezeichnet. Ob er persönlich kommt, ist noch ebenso offen wie ein vorgeschalteter Besuch bei Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Berlin.
Wagner-Chef lädt Russlands Verteidigungsminister nach Bachmut ein
Im Kampf um die Stadt Bachmut in der Ostukraine lud der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, unterdessen Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu zur Lageeinschätzung ein. „In Anbetracht der schwierigen operativen Lage und Ihrer langjährigen Kampferfahrung bitte ich Sie, nach Bachmut zu kommen, das unter Kontrolle russischer Militäreinheiten ist, und selbstständig die Lage einzuschätzen“, schrieb Prigoschin in einem offenen Brief. Das Verhältnis zwischen Prigoschin und Schoigu gilt als angespannt. Der Söldnerchef beklagte sich mehrfach öffentlich über die seiner Ansicht nach fehlende Unterstützung des Verteidigungsministeriums.
Ukraine spricht von Geländegewinnen
Das Verteidigungsministerium in Kiew und Selenskyj bestätigten Geländegewinne der Armee bei Bachmut. „Wir haben den Bericht von General (Olexander) Syrskyj gehört, dessen Einheiten mit übermächtigen Anstrengungen den Feind aufgehalten und sogar an einigen Abschnitten zurückgeworfen haben“, teilte Selenskyj nach einer Generalstabssitzung mit. Auch an den übrigen Frontabschnitten sei die Lage unter Kontrolle. Daneben sei bei der Ausrüstung mit Technik und Munition der Stand von neuen Brigaden besprochen worden.
Ukrainische Einheiten sind in der Nähe der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut um gut zwei Kilometer vorgerückt. Russische Kriegsreporter hatten bereits von einer drohenden Einschließung der Russen um Bachmut geschrieben. Bachmut hatte früher mehr als 70.000 Einwohner. Die Stadt steht zu 95 Prozent unter russischer Kontrolle und ist inzwischen fast völlig zerstört.
EBU: Keine Selenskyj-Videobotschaft beim Eurovision-Finale
Um Prinzipien zu wahren und den Eurovision Song Contest (ESC) nicht weiter zu politisieren, gibt es nach Angaben der Veranstalter kein Grußwort von Präsident Selenskyj. Der Staatschef wollte sich angeblich am Samstag beim ESC-Finale in Liverpool mit einer Videobotschaft an die Zuschauerinnen und Zuschauer wenden. Doch die austragende Europäische Rundfunkunion (EBU/European Broadcasting Union) sprach sich dagegen aus. In Kiew dementierte Selenskyjs Sprecher bei Facebook, dass sich das Präsidentenbüro mit einer derartigen Bitte an die EBU gewandt habe.